Vielen Lieben Dank für Eure Kommis.
Ja Saskia ist nicht grade das was man ein Glückliches Kind nennt. Aber sowas gibt es leider auch im Leben.
Ich habe wieder ein wenig gebastelt und bin nun endlich fertig geworden. Hier Kommt eine Fortsetzung !!
Viel Spass beim Lesen
Lottie
Es wurde schon Dunkel als ich auf die Idee kam mal alleine aus meinem Bett raus zu gehen und mich einfach ohne Fremde Hilfe fort zu bewegen.
Beim ersten Mal sackten meine Knie weg. Ich lag am Boden und wollte einfach drauf los heulen, doch ich hielt inne. Was würde Sara an meiner Stelle tun? Würde sie aufgeben? Nein sie würde aufstehen und es wieder und wieder versuchen bis es klappt...
Ich weiss nich wie lange ich auf dem kalten Boden saß und ganz in meinen Gedanken vertieft war. Doch ich raffte mich zusammen und zog mich am Bett hoch. Langsam, ganz langsam ein Fuß vor den anderen.. dann hatte ich den Rollstuhl erreicht.
Ich freute mich riesig. Seit Tagen war dies ein Erfolg für mich. Wenn ich es selbst bis zum Rollstuhl schaffe dann schaffe ich es auch wieder ganz zu laufen ...
Nun saß ich in dem Rolli und wusste nicht genau was ich machen sollte, wie vonn alleine bewegte ich meine Hände zu den Rädern und fuhr drauf los. Ohne zu wissen wohin ich eigentlich wollte...
Die Zeit verging wie im Flug und ich hatte ganz vergessen dass ich heute ja noch besuch bekomme...
" Wo ist Saskia" schilte ein schrei aus meinem Zimmer.
Oh nein ich hatte total vergessen in meinem Eifer dass Tante Elizabeth heute noch kommen wollte.
Schnell kam Schwester Anna angerannt und versuchte Tante Elizabeth zu beruhigen.
"Sie ist nur spatzieren gefahren, machen sie sich keine Sorgen. Saskia kommt warscheinlich gleich wieder"
" Wie können Sie das kleie Kind alleine in der Welt rumfahren lassen? Ohne Begleitung ..."
Tante Elizabeth war ganz ausser sich, dabei konnte die Schwester nicht wirklich was dafür dass ich weg war.
Immer wieder redete Schwester Anna auf Tante Elizabeth ein.. doch je mehr sie sprach desto wütender wurde Tante Elizabeth.
Ich bekam davon nichts mit, denn ich war ja nicht in dem Gebäude. Ich hatte es mir draussen in dem Garten gemütlich gemacht.
Ganz in Gedanken versunken dachte ich an mein bisheriges kurzes Leben.
Ich frage mich warum man als Kind so Krank wird. Wieso ein Kind nicht einfach normal und gut beütet aufwachsen kann... Eine Antwort habe ich nicht wirklich bekommen.
Tante Elizabeth dachte ein wenig nach und fing an mich zu suchen. Ihr fiel ein dass mir der Garten so gut gefallen hatte. Da schaute sie nach und fand mich, im Schlafanzug in meinem Rollstuhl.
Gleich kam sie auf mich zu
"Saskia liebes was machst du denn da."
Irritiert schaute ich Tante Elizabeth an... ich mache doch nichts, ich sitze nur da und denke nach.
"Du hast mich ja so erschreckt, ich dachte schon dir wäre etwas passiert"
"Warum werden Kinder denn krank Tante Elizabeth?"
Sie schaute mich irritiert an, ich sah dass sich bei ihr Tränen bildeten,
sie schluckte kurz und setzte sich auf die bank neben mir.
"Nun Saskia, diese Frage habe ich mir schon so oft gestellt. Es können so viele Sachen sein. Ich bin schon alt und habe mir diese und andere Fragen so oft in meinem Leben gestellt. Ich habe nach einer Antwort gesucht, aber so eine richtige Antwort habe ich nicht bekommen."
"Aber es muss eine Antwort geben, es geht doch nicht dass kleine Kinder einfach so krank werden, oder keine Eltern haben. Wenn man doch auf den Mond fliegen kann, wieso kann man nicht alle Menschen gesund und glücklich machen?"
Tante Elizabeth sah ein wenig traurig aus, ich glaube es war weil ich so komische fragen stelle.
"Ja das frage ich mich auch. Aber wer weiss, vielleicht in einigen Jahren wird etwas erfunden das die meisten Krankheiten bekämpft."
"Tante Elizabeth?" "Ja ?" "es tut mir leid..."
Sie schaute mich an "Was tut dir leid Saskia?"
"Das ich dich nun traurig gemacht habe"
Tante Elizabeth sah mich erst mit großen Augen an und dann lächelte sie
"Du machst mich nicht traurig und hast es niemals getan, im Gegenteil, du machst mich sehr froh und Glücklich. Dich zu besuchen macht mir spass, wenn du meinen Geschichten zuhörst und dann seelig einschläfst. Das alles macht mich Glücklich. Ich glaube du kanns mich nicht traurig machen."
In mir machte sich ein wohliges warmes Gefühl breit als sie sprach. Doch ich sah in ihrem Gesicht dass sie trotzdem ein wenig traurig war.
Komm Saskia, lass und rein gehen es wird frisch hier drausen. Ich erzähle dir dann von Sara weiter ja?"
"Ja Tante Elizabeth. "
Sie schob mich in meinem Rollstuhl in mein Zimmer, und um ehrlich zu sein war ich auch froh wieder in meinem Bett zu sein.
Sie setze sich neben meine Bett. "Danke dass du so oft zu mir kommst"
" Aber kleine Saskia, ich müsste mich bei dir bedanken dass ich dich besuchen darf. Es macht mir Spass dir meine Geschichten zu erzählen, und mich mit dir zu unterhalten" Tante Elizabeth lächelte mich an...und auf ein mal konnte ich es kaum erwarten mehr von Sara zu hören. Sara ist wie ein Held für mich geworden. Irgendwie fühle ich mich mit ihr verbunden.
"Erzählst du mir wie es mit Sara weitergeht? "
"Aber natürlich, lehn dich zurück " Und so begann sie zu erzählen...
Wenn Sara nicht Sara gewesen wäre, hätten die nächsten zehn Jahre, die sie in Miss Minchins Mädchenpensionat verbrachte, sie mit Sicherheit zum Nachteil verändert. Denn man behandelte sie nicht wie ein kleines Mädchen, sondern wie eine hochgestellte Persönlichkeit. Zum Glück war sie kein starrsinniges, überhebliches Kind, sonst wäre sie vermutlich durch die vielen Schmeicheleien absolut unerträglich geworden. Und hätte sie einen Hang zur Faulheit gehabt, dann hätte sie während der Jahre im Internat nichts gelernt. Miss Minehin hatte zwar eine tiefe persönliche Abneigung gegen Sara, aber sie war Geschäftsfrau genug, um nichts zu tun, was ihre Schülerin veranlassen könnte, der Schule den Rücken zu kehren. Ihr war klar, Captain Crewe würde seine Tochter sofort von der Schule nehmen, wenn Sara in einem Brief auch nur andeutungsweise verlauten ließ, daß sie unglücklich war. Also tat Miss Minchin alles, damit Sara sich wohlfühlte. Sie lobte Sara für ihre schnelle Auffassungsgabe und ihr gutes Benehmen, für ihre Kameradschaftlichkeit im Umgang mit ihren Mitschülerinnen und für ihre Großzügigkeit, wenn sie einem Bettler ein kleines Geldstück aus ihrem wohlgefüllten Portemonnaie gab. Selbst die einfachste Tat Saras wurde als große Tugend gepriesen, und wenn Sara nicht so ein intelligentes Kind gewesen wäre, hätte diese Behandlung sie sicher hochmütig gemacht. Zum Glück war sie klug genug, um ihre Situation richtig einzuschätzen, und manchmal redete sie mit Irmingard über das, was ihr widerfuhr.
"Die meisten Dinge geschehen zufällig", pflegte sie zu sagen. "Zufälligerweise habe ich ziemlich viel Glück. Ich kann schließlich nichts dafür, daß ich gerne zur Schule gehe. Mir macht es Spaß, Bücher zu lesen, und es fällt mir einfach leicht, mir alles.zu merken, was ich gelernt habe. Es war auch reiner Zufall, daß ich so einen netten, wundervollen Vater habe, der mir jeden Wunsch erfüllen kann. Ich weiß gar nicht, ob ich ein gutes Herz habe. Aber ich glaube, wenn man immer alles bekommt, was man möchte, und wenn die Menschen zu einem immer nur freundlich sind, dann kann man doch eigentlich nur gute Laune haben, meinst du nicht auch?" Dann fuhr sie mit ernster Miene fort: "Ich weiß wirklich nicht, wie ich herausfinden kann, ob ich in Wahrheit ein nettes
oder ein abscheuliches Kind bin. Vielleicht bin ich ja ein gräßliches Kind, und keiner hat es bisher bemerkt, weil mich noch nie jemand wirklich auf die Probe gestellt hat."
"Lavinia wird auch nicht auf die Probe gestellt", sagte Irmingard mit uner
schütterlichem Gleichmut, "und die ist einfach gräßlich."
Sara rieb sich nachdenklich ihre Nase und dachte angestrengt weiter nach. "Nun, vielleicht liegt es daran, daß Lavinia wächst", sagte sie schließlich.
Dies war das bemerkenswerte Ende einer langen Gedankenkette, die mit einer Äußerung Miss Amelias ihren Anfang genommen hatte. Sara hatte zufällig gehört, daß Miss Amelia befürchtete, Lavinias Gesundheit und ihr Charakter würden durch ihr schnelles Wachstum nachteilig beeinflußt.
Lavinia war gehässig und überaus eifersüchtig auf Sara. Bis zur Ankunft der neuen Schülerin war sie die unbestrittene Anführerin der Schule gewesen. Niemand hatte sich getraut, ihr zu widersprechen, denn dann konnte sie ungemein giftig werden. Die Erstkläßlerinnen wurden von ihr erbarmungslos unterdrückt, während sie den anderen, die genauso alt waren, wie sie selbst, mit ihrem großartigen Gehabe imponierte. Lavinia war hübsch, und bislang war sie die best gekleidete Schülerin gewesen. Doch mit Saras Samtmänteln, Pelzmuffs und Straußenfedern konnte sie nicht konkurrieren. Daher hatte sie beim allsonntäglichen Kirchgang den Platz in der ersten Reihe an Sara abtreten müssen. Das war für Lavinia schon schlimm genug gewesen. Doch mit der Zeit stellte sich heraus, daß auch Sara eine Führernatur war, die ihre Anhängerinnen durch Liebenswürdigkeit für sich einnahm, nicht durch Unterdrückung.
"An Sara Crewe gefällt mir am meisten, daß sie sich nie aufspielt, obwohl sie allen Grund dazu hätte. Ich glaube, ich wäre ganz schön eingebildet, wenn man soviel Getue um mich machte. Es ist doch einfach widerlich, wie Miss Minchin sie vorzeigt, wenn Eltern zu Besuch kommen", hatte Jessie eines Tages zu Lavinia gesagt und sich dadurch den Zorn ihrer besten Freundin zugezogen.
"Sara hier, Sara da. Liebe Sara, komm doch in den Salon und erzähl Mrs. Musgrave etwas über Indien. Die liebe Sara muß unbedingt mit Lady Pitkin französisch reden. Ihr Akzent ist einfach himmlisch." Gekonnt äffte Lavinia Miss Minchins affektierte Redeweise nach, mit der sie ihre Vorzeigeschüleririn den höchsten Tönen anpries. "Dabei hat sie nie richtigen Französischunterricht gehabt. Was ist denn schon dabei, wenn man Französisch spricht. Sie sagt ja selbst, daß sie die Worte nur aufschnappen konnte, weil ihr Vater diese Sprache gesprochen hat. Und was ist das schließlich schon, ein Vater, der Offizier in Indien ist. Pah!"
"Immerhin hat er schon einen Tiger geschossen", entgegnete Jessie gedehnt "Du hast doch das Fell gesehen, das in Saras Zimmer liegt. Sie liebt es sehr, streichelt ihm den Kopf und redet mit ihm, als wäre es eine Katze."
"Sie ist wirklich albern", herrschte Lavinia sie an. "Meine Mutter hat auch gesagt, daß ihr ständiges Geschichtenerfinden und Theaterspielen einfach lächerlich ist, total überspannt."
Es stimmte, daß Sara sich nie aufspielte. Sie hatte ein liebevolles Herz und teilte, was ihr gehörte, freigiebig mit den anderen. Sie behandelte niemanden schlecht, selbst die kleinsten Mädchen nicht, die für gewöhnlich von den zehn oder zwölfjährigen ,jungen Damen' verachtet und herumgeschubst wurden. Sie hatte etwas Mütterliches an sich. Wenn eines der kleinen Mädchen hinfiel und sich das Knie aufschlug, lief sie sofort hin, half ihm auf, streichelte es und versüßte ihm den Schrecken mit einem Bonbon.
"Wenn du vier bist, bist du vier", sagte sie mit strenger Stimme zu Lavinia, als diese Lottie eine Ohrfeige gab und sie ,unverschämtes Balg' nannte. "Ein Jahr später wirst du bereits fünf und noch ein Jahr später sogar schon sechs Jahre alt. Und schließlich dauert es nur sechzehn Jahre, bis du zwanzig bist." Dabei schaute sie Lavinia mit ihren großen, durchdringenden Augen an.
"Meine Güte!" erwiderte Lavinia schnippisch. "Du kannst aber rechnen!" Doch insgeheim war sie beeindruckt. Zwanzig Jahre - das war ein Alter, das selbst für Lavinia in unvorstellbarer Ferne lag.
Die jüngeren Schülerinnen verehrten Sara über alles, nicht zuletzt deshalb, weil sie ein paarmal eine Teeparty für sie veranstaltet hatte, bei der auch Emily anwesend war. In Emilys blaugeblümtem Teegeschirr hatte sie ihnen zuckersüßen Tee serviert. Seit diesem Nachmittag war Sara die unbestrittene Königin der gesamten ersten Klasse.
Die kleine Lottie Legh folgte ihr auf Schritt und Tritt. Lotties Mutter war bereits in jungen Jahren gestorben. Lotties Vater, ein flatterhafter, junger Mann, der nichts mit seiner kleinen Tochter anzufangen wußte, hatte sie daher kurzerhand ins Internat gesteckt. Von klein auf hatte man Lottie wie eine Spielzeugpuppe oder ein verzärteltes Schoßtier behandelt, und sie war entsetzlich verwöhnt. Wenn sie ihren Willen durchsetzen wollte, fing sie an zu kreischen und zu heulen. Und da sie ständig nach Dingen grabschte, die ihr nicht gehörten oder nicht gut für sie waren, schallte ihr schrilles Wehklagen andauernd durch das ganze Haus.
Lottie hatte einen ganz besonders wirkungsvollen Trick herausgefunden. Irgendwann einmal, kurz nach dem Tod ihrer Mutter, mußte sie aufgeschnappt haben, daß ein kleines, mutterloses Mädchen ein ganz besonders bedauernswertes Geschöpf sei, das außergewöhnlich liebevoll behandelt werden mußte. Wann immer es ihr nötig erschien, setzte sie dieses Wissen zu ihrem eigenen Nutzen ein.
Eines Morgens ging Sara an einem Zimmer vorbei, in dem Miss Minchin und Miss Amelia gerade vergeblich versuchten, die zornig brüllende Lottie zum Schweigen zu bringen. Sie kreischte so durchdringend, daß Miss Minchin ebenfalls laut werden mußte, um überhaupt Gehör zu finden.
"Oh - oh - oh!" hörte Sara Lotties weinerliche Stimme. "Ich habe keine
Mama mehr!"
"Lottie!" rief nun auch Miss Amelia. "Hör doch auf, Liebling! Wein doch
nicht! Bitte!"
Doch Lotties Jammern wurde nur noch herzzerreißender. "Mama! Ich will meine Mama haben!"
"Man sollte sie verhauen!" sagte Miss Minchin ärgerlich. "Wenn du nicht aufhörst, du unartiges Kind, werde ich dir den Hintern verhauen!"
Daraufhin kreischte Lottie nur noch lauter. Miss Amelia brach ebenfalls in Tränen aus, und Miss Minchins Stimme überschlug sich fast. Plötzlich sprang sie aus ihrem Stuhl auf. Ohnmächtig vor Wut rauschte sie aus dem Zimmer und überließ es Miss Amelia, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.
Sara stand in der Halle und überlegte, ob sie den Raum betreten sollte. Vielleicht gelang es ihr ja, Lottie zu beruhigen.
Als Miss Minchin fluchtartig das Zimmer verließ, fiel ihr Blick auf Sara. Sie wurde noch ärgerlicher, als ihr klär wurde, daß man ihre zornige Stimme in der Halle hatte hören können.
"Oh, hallo Sara!" rief sie, und ein verkrampftes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
"Ich habe nur zugehört, weil es Lottie ist, die da so schreit. Vielleicht, ich dachte. .. Vielleicht kann ich sie beruhigen. Darf ich es versuchen, Miss Minchin?"
"Wenn du willst. Du bist ja so geschickt in solchen Dingen", erwiderte Miss Minchin spitz. Doch sie änderte ihr Verhalten sofort, als sie bemerkte, daß Sara durch ihr schroffes Benehmen irritiert war. "Ich glaube schon, daß du es schaffen könntest. Geh ruhig zu ihr." Mit diesen Worten verließ sie Sara.
Als Sara den Raum betrat, lag Lottie auf dem Fußboden. Sie kreischte unablässig und trat wie wild mit ihren fetten Beinchen um sich. Eine völlig aufgelöste und verschwitzte Miss Amelia beugte sich voller Bestürzung über das kleine, schreiende Ungeheuer. Lottie hatte bereits im Kinderzimmer ihres Elternhauses herausgefunden, daß sie nur lange genug schreien und mit den Beinen strampeln mußte, um alles zu bekommen, was sie haben wollte. Die arme Miss Amelia tat ihr Möglichstes, um das Kind zu beruhigen.
Erst versuchte sie es mit schönen Versprechungen, dann mit Drohungen aber nichts half.
Sara näherte sich den beiden langsam. Sie hatte noch keine Ahnung, was sie eigentlich tun wollte. Aber in ihrem Innern war sie fest davon überzeugt, weder Schmeicheleien noch Drohungen das richtige Mittel waren, um ans Ziel zu gelangen.
"Miss Amelia", sagte sie leise. "Miss Minchin hat gesagt, ich darf versuchen Lottie zu beruhigen. Sind Sie auch einverstanden?"
Miss Amelia drehte sich ganz verzweifelt zu ihr um. "Meinst du denn, daß du das schaffst?" keuchte sie.
"Ich weiß es nicht", antwortete Sara immer noch flüsternd, "aber ich kann es doch immerhin versuchen."
Ächzend und seufzend erhob sich Miss Amelia, während Lottie weiter wie wild um sich trat.
"Sie können ruhig gehen", sagte Sara. "Ich werde bei ihr bleiben."
"Ach, Sara!" Miss Amelias Stimme war nur noch ein Wimmern. "So ein furchtbares Kind hatten wir noch nie. Ich glaube nicht, daß wir sie hier behalten können."
Dann verließ sie erleichtert den Raum.
Ein paar Minuten lang stand Sara einfach nur da und betrachtete das heulende, zornige Kind, ohne ein Wort zu sagen.
Dann setzte sie sich still neben Lottie auf den Fußboden und wartete. Nur Lotties wütende Schreie waren noch zu hören. Das hatte die kleine Miss Legh noch nie erlebt. Sie war daran gewöhnt, daß die Leute ihr drohten oder schmeichelten, um sie zu beruhigen. Daß aber jemand einfach still neben ihr saß, während sie schrie und trat und strampelte, erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie öffnete ihre verheulten Augen, um zu sehen, wer denn da neben ihr saß. Und siehe da, es war das Mädchen, dem so viele faszinierende Dinge gehörten, wie zum Beispiel die wunderschöne Puppe Emily. Vor lauter Staunen vergaß Lottie zu weinen, so ungewohnt war es für sie, beim Schreien nur ruhig beobachtet zu werden. Einen halbherzigen Versuch machte sie noch.
"Ich habe, habe keine Mama, Mama!" verkündete sie, aber ihre Stimme war viel leiser geworden. Sie schluchzte noch ein bißchen.
Sara schaute sie verständnisvoll an. "Ich habe auch keine", sagte sie.
Das kam so unerwartet, daß Lottie vor Verblüffung ihre Beinchen ausstreckte, stillliegen blieb und Sara anstarrte. Diese neue Idee fasziniene sie und lenkte sie von ihrem Kummer völlig ab. Außerdem mochte sie Sara, während sie Miss Minchin unausstehlich und Miss Amelia einfach blöd fand. Eigentlich wolte Lottie zwar ihren Kummer keineswegs vergessen, aber ihre Gedanken waren abgelenkt. Sie wälzte sich herum und fragte schmollend: "Wo ist deine Mama"
Sara überlegte einen Augenblick. Man hatte ihr oft erzählt, daß ihre Mutter im Himmel sei. Darüber hatte sie viel nachgedacht, und wie immer war sie zu ganz anderen Schlußfolgerungen gekommen, als die anderen Leute.
"Sie ist im Himmel", sagte sie dann. "Aber ich bin sicher, daß sie manchmal herunter kommt, um mich zu beobachten, auch wenn ich sie nicht sehen kann. Deine Mama macht das bestimmt auch. Wahrscheinlich schauen sie uns beide zu, hier in diesem Raum."
Lottie setzte sich kerzengerade hin und schaute sich um. Sie war ein hübscher, kleiner Lockenkopf, und ihre großen Kulleraugen schimmenen dunkelblau wie Vergißmeinnicht. Wenn ihre Mama sie in der letzten halben Stunde beobachtet hatte, war sie bestimmt böse mit ihr. Denn Lottie hatte sich wie ein kleiner Teufel benommen, nicht wie ein Engelchen.
Sara fuhr mit ihrer Geschichte fort und ihre Erzählung war so anschaulich daß Lottie, ohne es zu wollen, anfing zuzuhören. Bis jetzt hatte man ihr erzählt, daß ihre Mama nun Flügel hätte und eine Krone auf dem Kopf. Man hatte ihr sogar Bilder von Frauen in langen, weißen Nachthemden gezeigt. So sollten angeblich Engel aussehen. Doch das hatte Lottie alles nicht überzeugt. Aber die Personen aus Saras Geschichte schienen wirklich zu existieren.
"Da gibt es viele, viele Wiesen mit Blumen" , sagte Sara, und wie immer, wenn sie eine Geschichte erzählte, hatte sie alles um sich herum vergessen. "Wiesen mit tausenderlei Lilien, über die der Wind hinwegstreicht und deren Duft er überall verteilt, so daß jeder ihn einatmen kann. Kleine Kinder tummeln sich
in den Lilienfeldern. Sie lachen, pflücken Blumen und flechten Kränze. Die Straßen glänzen wie Gold, und niemand wird jemals müde, ganz gleich lange er spazierengeht. Die Leute dürfen überall hingehen. Es gibt zwar eine Mauer rund um die Stadt. Doch sie ist aus lauter Perlen und Gold und nur so hoch, daß sich die Menschen bequem daran anlehnen können, um von dort auf die Erde hinabzuschauen und kleine Botschaften herunterzusenden. "
Sicher hätte auch jede andere Geschichte Lotties Kummer besänftigt. Aber diese Erzählung erschien ihr schöner als alles, was sie je zuvor gehört hatte. Sie drängelte sich näher an Sara heran und sog jedes Wort begierig ein, um nur ja nichts zu verpassen. Als Sara mit ihrer Erzählung aufhörte, schien neues Unheil heraufzuziehen. Lottie zog eine Schnute und schluchzte: "Da will ich auch hin. Hier habe ich überhaupt keine Mama."
Da klingelte eine Alarmglocke in Saras Kopf, und sie tauchte aus ihren Träumemereien wieder auf. Sie nahm Lotties Patschhändchen und zog sie noch näher zu sich heran.
"Ich werde deine Mama sein", sagte sie. "Wir werden einfach so tun, als wärst
du meine kleine Tochter. Und Emily wird deine Schwester sein."
Lotties Augen leuchteten auf.
"Wirklich?" fragte sie.
"Na klar", antwortete Sara und sprang auf. "Komm, wir wollen es ihr gleich
erzählen. Anschließend werde ich dir das Gesicht waschen und deine Haare kämmen."
Lottie war mehr als einverstanden und trottete hinter Sara her. Sie hatte völlig vergessen, daß das ganze Drama der letzten Stunde nur deshalb entstanden war, weil sie sich geweigert hatte, sich vor dem Mittagessen zu waschen und zu kämmen.
Von diesem Tag an war Sara Lotties Adoptivmutter.
Tante Elizabeths Stimme erstummte. Ich saß immernoch auf meinem Bett und irgendwie fühlte ich mich gar nicht müde.
"Stimmt etwas nicht Saskia?" Ich schaute Tante Elizabeth an
"Nein alles in ordnung, ich habe nur nachgedacht. Die Sara ist schon ein wundervolles Mädchen... sie kann fast alles und ich stelle sie mir sehr hübsch vor."
"Ja das ist sie, sie ist Klug und auch wunderschön, so wie du"
Ich seufzte leise " Wenn ich gross bin und dann werde ich ein Mädchen bekommen, sie wird dann auch Sara heissen und ich weiss dass sie hübsch und klug sein wird"
Tante Elizabeth lächele mich an und man konnte es ihr ansehen dass dieser Gedanke ihr gefiel. "und du Tante Elizabeth wirst auch da sein denn immerhin habe ich den Namen von dir, dann kannst du ihr auch Geschichten erzählen."
"Ja so machen wir das. Aber nun legst du dich hin und schläfst ein wenig. Ich komme morgen wieder und erzähle dann weiter."
Sie stand auf und ging zur Tür, da drehte sie sich nochmal um "Gute Nacht kleine Saskia und träum was schönes"
"Gute Nacht Tante Elizabeth...."
Kaum war die Tür geschlossen trugen mich meine Gedanken ganz weit weg....
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Ich hoffe dieser Teil hat Euch gefallen. Ich versuche schnell wieder eine Fortsetzung zu machen