Schwerelos
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Prolog – In meinem Traum
In meinem Traum...
Sehe ich blühende Wiesen
Leuchtende Blüten im Sonnenschein
Bienen und Schmetterlinge
Summend und Flatternd
über blühenden Feldern

In meinem Traum...
Lache und singe ich mein Glück,
meine Freude in die Welt hinaus.
Mit der Fröhlichkeit eines Kindes,
welche so unvergänglich scheint.

In meinem Traum...
Tanze ausgelassen und frei
Auf Wolken aus Glück.
Liege im weichen, warmen Gras
Und fühle die Sonne auf meinem Gesicht.

In meinem Traum...
Höre ich Vögel von Freiheit singen.
In hellen, klaren Tönen. Ich öffne die Augen.
Beobachte, wie sie auf federnen Schwingen
Über mir hinweg, zum Horizont gleiten.

In meinem Traum...
Da sehe ich ihn.
Höre seine Stimme sanfte Worte zu mir sprechen.
Ich höre sein Lachen, es wärmt mir das Herz.
In meinem Traum nimmt er meine Hand.
Um sie nie wieder los zu lassen.

In meinem Traum...
Sieht er mich an mit liebenden Augen.
Küsst mich mit weichen Lippen,
berührt mich sanft, voll Zärtlichkeit.
Und schenkt mir ein Lächeln, das nur mir gebührt.

In meinem Traum...
Da ist er bei mir...
Spricht und lacht und tanzt mit mir.
Küsst mich und verführt mich sanft.
Auf blühenden Feldern im Sonnenschein.
In meinem Traum...
Ist alles wie damals.
In meinem Traum...
Ist alles OK.

In meinem Traum...
Da bin ich noch ich.
Die Tür wird aufgestoßen und die dumpfen, schweren Schritte von Schwester Anna hallen über den Boden. "Zeit dich zu waschen." Sagt sie mit der gleichen, schweren und rauhen Stimme wie immer. Zu laut, wie immer. Ich bin doch nicht taub. Sie schiebt mich ins Badezimmer und schließt die Tür hinter sich. Wie immer.
Melinda
Teil I
"Melinda, steh auf! Du kommst sonst zu spät zur Schule!" rief meine Mutter, als sie, wie jeden Morgen, in mein Zimmer gestürmt kam und die Vorhänge aufzog. Von der Sonne geblendet kniff ich die Augen zusammen und drehte mich auf die andere Seite. "Na los, Schlafmütze! Nicht trödeln, du bist spät dran!" sie zog mir die Bettdecke weg und piekste mich mit dem Finger in die Seite, wie sie es immer machte.
"Mensch Mama... lass das... ich bin ja schon wach." Brummelte ich in mein Kopfkissen. Meine Mutter stemmte die Hände in die Hüfte und schnaubte, wie eine wütende Kuh. "Das gleiche hast du vor einer halben Stunde auch schon gesagt!" meckerte sie. "Los jetzt, raus aus den Federn! Ich will mir beim nächsten Elternabend nicht schon wieder anhören müssen, dass du ständig zu spät zum Unterricht kommst!"

Sie blieb solange in meinem Zimmer stehen, bis ich mich aufgerappelt hatte und aufgestanden war. "Nun aber flott, Madame!" mahnte sie und hielt mir einen Stapel Kleidung unter die Nase. "Zieh dich an und dann mach, dass du los kommst!" Misstrauisch betrachtete ich die Kleidung und rümpfte die Nase. "Also DAS zieh ich ganz bestimmt nicht an!" protestierte ich.
"Ich bin kein kleines Kind mehr! Ich weiß selbst, was ich anziehen will! Und DAS DA ist es ganz bestimmt nicht!" "Ach, dann mach doch was du willst! Aber mach es ein bißchen schneller!" schimpfte meine Mutter und warf die Kleidung beleidigt auf den Boden. Sie hielt mich immer noch für ihr kleines Mädchen... Aber ich war kein kleines Mädchen mehr! Ich war schließlich schon 14!

Beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust und wartete, bis sie mein Zimmer verlassen hatte. Erst dann machte ich mich daran, meinen Klamotten nach etwas zu durchsuchen, was nicht ganz so brav und graumausig war, wie das, was meine Mutter mal wieder für mich ausgesucht hatte... sie konnte es einfach nicht lassen.
Sicher gab es deswegen wieder Ärger, wenn ich am Nachmittag nach Hause kam. Wie unsinnig eigentlich, aber meine Mutter musste sich immer über alles aufregen. Bestimmt lag das daran, dass sie zur Zeit nicht gerade wenig Stress im Job hatte und den Haushalt ganz alleine meistern musste, da mein Vater seit einigen Tagen auf Geschäftsreise war.

Aber trotzdem unsinnig. Endlich hatte ich die richtigen Klamotten für diesen Tag gefunden und zog mich rasch um. Schließlich musste ich mich noch schminken und meine Haare zurecht machen... denn direkt nach der Schule traf ich mich mit Dominik. Er war DER Traummann für mich... mein ganz großer Schwarm... und alles deutete darauf hin, dass ihm auch etwas an mir lag.
"MELINDAAAA!!!" hörte ich meine Mutter aus der Küche schreien, so laut, dass sich ihre Stimme überschlug, als ich gerade versuchte, den perfekten Lidstrich zu ziehen. Ich stöhnte genervt und verdrehte die Augen. "Ja doch! Ich bin ja schon fertig!" erwiderte ich verärgert und steckte mein Make-Up in die Tasche, um mich in der Schule fertig zu schminken.

"Du musst mir nicht ständig nach schreien!" beschwerte ich mich, als ich an der Küche vorbei, zur Haustür schlenderte. "Ich wär viel schneller fertig, wenn du mich mal in Ruhe lassen würdest." "Melinda, warte!" rief sie und lief mir nach. "Vergiss nicht wieder dein Pausenbrot." Sie drückte mir ein, in Alufolie verpacktes, belegtes Brot in die Hand und schob mich aus dem Haus.
"Beeil dich, Kind! Du bist spät dran." Fügte sie hinzu und schloss die Tür. Ich seufzte und betrachtete das kleine Päckchen in meiner Hand. Wie peinlich, dass sie mir ständig etwas zu essen mitgeben musste. Was dachte die sich eigentlich dabei? Alle anderen bekamen von ihren Eltern Geld, um sich selbst etwas zu kaufen, aber ich bekam immer nur so ein dämliches Brot nach geworfen.

In der Grundschule war das vielleicht noch normal gewesen, aber inzwischen war das nur noch peinlich! Außerdem war Sommer und ich musste auf meine Figur achten. Da konnte ich so ein dummes Brot ganz bestimmt nicht brauchen... sicher hatte sie wieder viel zu viel Butter drauf geschmiert und das ganze auch noch mit vielen, dicken Scheiben fettiger Wurst belegt...
Angewidert verzog ich den Mund und warf das Päckchen in den nächsten Mülleimer, bevor ich mich gemütlich auf den Weg zur Schule machte. Wie immer zu Fuss, denn es waren nur ein paar Minuten. Der Unterricht hatte bereits begonnen und alle waren in ihren Klassenzimmern, aber ich schlenderte an meiner Klasse vorbei und auf die Toilette, um mein Make-Up zu vervollständigen.

Man musste nun mal Prioritäten setzen. Und gut auszusehen war mir doch um einiges wichtiger, als zu hören, was unsere nervigen Lehrer wieder von sich zu geben hatten... die erzählten sowieso jeden Tag den gleichen Mist. Nachdem ich mich fertig geschminkt hatte, überprüfte ich noch einmal, ob auch alles am richtigen Fleck saß und schlenderte zu meinem Klassenzimmer. Eine halbe Stunde zu spät.
Ich klopfte kurz an und öffnete anschließend die Tür. "Sieh einer an. Kommt das Fräulein doch noch." Sagte Herr Weimar, unser Mathematiklehrer mit vorwurfsvoller Stimme und die ganze Klasse starrte mich dumm an. Wie immer. "Entschuldigung. Ich hab verschlafen" Murmelte ich und ging zu meinem Platz, während er mich mit strengen Blicken verfolgte.

"Na, das ist ja bei dir nichts neues." Meinte er, kam zu mir und legte mir einen Test vor die Nase. "Du hast noch 5 Minuten für deine Antworten, also beeil dich lieber." Er drehte sich um, schlenderte zu seinem Pult zurück, setzte sich und beobachtete mich. Verdammt. Musste er uns denn unbedingt heute einen Test schreiben lassen? Hätte er damit nicht bis morgen warten können?
Schnell kritzelte ich meinen Namen aufs Papier und versuchte, wenigstens noch ein paar der Aufgaben zu lösen. Mathematik war nicht gerade mein bestes Fach... da konnte ich eine schlechte Note eigentlich überhaupt nicht brauchen. Ich wurde gerade noch mit der ersten Aufgabe fertig, bevor er uns ermahnte, den Stift aus der Hand zu legen.
Er nahm mir mein fast leeres Blatt aus der Hand und ließ uns für den Rest der Stunde tun, wozu wir Lust hatten. Hoffentlich ging der Vormittag schnell vorbei. Ich konnte es kaum noch erwarten, Dominik zu sehen und malte lauter kleine Herzchen in mein Heft. Vielleicht küssten wir uns heute endlich...
Fortsetzung folgt