War ja klar:
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Ja, ja, schon gut.
Kapitel wird auf zwei Postings aufgeteilt.
Ein kleiner Hinweis: ab diesem Kapitel ist der Stammbaum aktualisiert und enthält ein paar neue Personen. Der Link ist, wie immer, am Ende des Kapitels.
Im Personenverzeichnis sind die neuen Charaktere allerdings nicht enthalten, weil sie im Text nicht namentlich erwähnt werden.
Vier Lupenbilder sind Alternativbilder, die habe ich gekennzeichnet.
Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß!
Wenn sie vorbeigeht, dann scheint es wie ein Feuerwerk
Vor einem Himmel ist es sie, die ich bemerk´
Xavier Naidoo, Sie sieht mich nicht
Text von Jean-Jaques Goldberg/Moses Pelham
In den nächsten Tagen ging ich in Gedanken wieder und wieder alle Visionen und Träume durch, die ich jemals gehabt hatte und an die ich mich erinnern konnte.
Die meisten waren solche gewesen, die ich nun
die Einfachen nannte, und von diesen waren einige wahr geworden, einige nicht; und ein paar hatte ich, wenn ich so darüber nachdachte, vielleicht tatsächlich verhindern können.
Manche von ihnen waren verschwommen und unklar gewesen, andere ganz deutlich, aber das hatte keinen Einfluss darauf gehabt, ob das Gesehene wahr wurde oder nicht.
Aber
die Anderen, die, wie ich jetzt wusste, direkt von den Göttern gekommen waren, waren alle eingetroffen.
Jede einzelne.
Nein. Ich weigerte mich einfach zu glauben, dass diese Visionen unabänderlich waren, nur weil die Druiden in ihrem komischen Hain das behaupteten.
Alles starrsinnige alte Männer.
Artair würde nicht auf diesem verdammten Stein enden, dafür würde ich sorgen. Wenn es nach mir ginge, würde er im hohen Alter friedlich im Bett sterben.
Bevorzugt in
meinem Bett.
Artair war nach wie vor die meiste Zeit beschäftigt, ich sah ihn nur sehr selten; und wenn, dann war er in Begleitung von Ariadna.
Brayan dagegen sah ich jeden Tag, aber er war immer noch ungewöhnlich schweigsam und wortkarg, und eines Abends sah ich ihn im Garten.
Er redete heftig auf Artair ein, der mit starrer und abweisender Miene zuhörte, ehe er genauso heftig antwortete.
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Die beiden
stritten sich. Ich konnte mich nicht erinnern, wann das das letzte Mal passiert war.
Eine heftige Angst ergriff von mir Besitz, dass alles um mich herum zerbrechen würde.
Und ich hatte mich schon sehr lange nicht mehr so einsam gefühlt.
So erlag ich nach und nach der Versuchung und suchte in meinen Träumen nach
Ihm, auch wenn ich mich zu Beginn dagegen sträubte; und ehe ich mich versah, trafen wir uns beinahe jede Nacht.
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Es war schön, mit jemandem zu reden, vor dem ich nichts verstecken musste.
„Ich habe über Eure Frage nachgedacht", eröffnete er eines Nachts das Gespräch.
„Wie man das Ritual ungefährlicher für Artair machen könnte. Aber bevor ich Euch antworte, habe ich auch eine Frage an Euch."
Erwartungsvoll sah ich ihn an.
„Diese Vision, vor deren Eintreffen Ihr Euch fürchtet – ist das die, die ich gesehen habe? Der Mann auf dem Stein?"
Ich nickte.
Gespannt beugte er sich vor. „Und dieser Mann auf dem Stein, das ist Artair, nicht wahr?"
„Ja", sagte ich leise.
Er stieß heftig den Atem aus. „Was sagt Mártainn dazu?"
„Ich habe es ihm nicht gesagt."
„Ihr müsst es ihm sagen", erwiderte er scharf.
„Artair ist nicht nur Euer Bruder, er ist auch der König. Wenn ein König sterben wird, ist das nicht Eure Privatsache. Was glaubt Ihr, warum die Götter Euch diese Vision geschickt haben? Damit Ihr allein im stillen Kämmerlein darüber grübelt?"
„Wozu soll ich jemandem davon erzählen, wenn man es doch nicht ändern kann?", fuhr ich hitzig auf.
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„Weil das Schicksal vieler Menschen von Artair abhängt, und wenn er plötzlich stirbt, noch dazu ohne Nachkommen, kann das Land ins Chaos stürzen. Die Götter haben Euch diese Vision geschickt, damit der Hohe Rat sich darauf vorbereiten kann."
Ich dachte einen Moment über seine Worte nach, dann schüttelte ich den Kopf.
„Warum hat dann nicht Mártainn diese Vision bekommen? Oder Shainara, oder Rhiannon?"
Ich drehte mich zu ihm und blitzte ihn an.
„Wollt Ihr wissen, was
ich denke? Ich denke, dass die Götter ganz bewusst mich ausgewählt haben, mich und niemanden sonst, weil ich die Einzige bin, die es nicht wie ein duldsames Schaf hinnehmen, sondern etwas dagegen tun wird."
„Das kann ein zweischneidiges Schwert sein", erwiderte er langsam.
„Er wird nicht sterben", gab ich heftig zurück. „Ich werde es nicht zulassen."
„Ah!" Er sah mich erwartungsvoll an. „Da seid Ihr nicht die Erste. Was wollt Ihr tun?"
„Ich könnte Artair sagen, dass er nie wieder Blau tragen soll", sagte ich trotzig.
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Er nickte. „Ein naheliegender Gedanke. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre."
Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und schüttelte dann den Kopf.
„Die Vision zeigt Artair, wie er an dem Tag aussehen wird, an dem er sterben wird. Wenn Ihr ihn also heute warnt, dass er nichts Blaues tragen soll, und er auf Euch hören und an diesem Tag etwas anderes tragen sollte, wird sich auch die Vision ändern. Und wenn Ihr ihn an diesem Tag morgens an sein Bett fesselt, wird jemand dort eindringen und ihn meucheln, oder er wird sich vielleicht darüber so aufregen, dass er einen Anfall erleidet und stirbt; und der Stein in Eurer Vision verschwindet und das Bett wird erscheinen. Ihr seht nur das Ergebnis von dem, was geschehen wird. Ändern sich die Umstände, ändert sich das Bild. Deshalb ist es wichtig, eine so bedeutsame Vision nicht zu früh zu quittieren, denn dann tappt Ihr im Dunkeln."
Ich schauderte. Dann sollte ich mich wohl besser mit dem Gedanken anfreunden, dass mich diese Vision noch viele Nächte quälen würde.
Vermutlich sollte ich sogar hoffen, dass es sehr, sehr viele Nächte werden würden.
„Und was ist nun Euer Vorschlag, das Ritual betreffend?" wechselte ich das Thema. Ich wollte nicht mehr über Artairs Tod sprechen.
Er sah mich abwägend an, eine lange Zeit, so schien es mir.
„Fragt Mártainn, was er von einem Kraftstern hält", sagte er schließlich.
Ich konnte Mártainn erst am Nachmittag ausfindig machen und ihm die Botschaft überbringen.
Er hatte sich beharrlich geweigert, auf meine drängenden Fragen zu antworten und hatte darauf bestanden, zuerst Mártainns Meinung hören zu wollen, ehe er mir weitere Erklärungen geben würde.
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Mártainn schien jedoch keine Erklärungen zu brauchen, denn er verstand sofort, worum es ging. Seine Augen funkelten.
„Gewagt", murmelte er. „Gefährlich. Aber…."
Er verstummte, und ich sah ihm an, dass er in Gedanken weit weg war. Abrupt wandte er sich ab und ging eiligen Schrittes davon.
Müde setzte ich mich auf die Stufen des Kreuzgangs, die in den Garten führten. Ich fühlte mich ausgelaugt und erschöpft.
Ein silberhelles Lachen ließ mich auffahren.
In einiger Entfernung konnte ich Artair sehen, der Ariadna bei einem Spaziergang im Garten Gesellschaft leistete.
Die kleine weiße Katze tollte um sie herum, und Ariadna lachte und sah wie immer bezaubernd und entzückend aus.
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Sie blieben stehen, und Artair wandte sich Ariadna zu und lächelte sie an.
Es war ein Lächeln, das ich noch nie zuvor auf seinem Gesicht gesehen hatte und das mir tief ins Herz schnitt.
15 Alternativbild
Er strich ihr zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht, ergriff ihre Hand und küsste ihre Fingerspitzen.
Eine Woge tiefer Hoffnungslosigkeit schien mich zu überrollen, und ich wusste nicht, wie ich ihrer Herr werden sollte.
Ein Schatten fiel über meine Schulter, und ich sah auf.
Brayan stand hinter mir, und ich erschrak, denn ich hatte keinen Zweifel daran, dass er die Verzweiflung in meinen Augen sehen konnte.
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Er blickte auf und musterte Artair und Ariadna, dann setzte er sich neben mich.
Zart küsste er mich auf die Schläfe und nahm meine Hand. Sein Gesicht sah müde aus, und mutlos.
Wir mussten nichts sagen, um zu verstehen, was der andere empfand.
Wortlos saßen wir nebeneinander und beobachteten das Paar.
In dieser Nacht erzählte ich
Ihm von Artair.
Ich hatte es nicht geplant; wir hatten schweigend nebeneinander gesessen, und seine Gegenwart hatte etwas Tröstliches gehabt.
„Ihr seid so traurig", hatte er plötzlich gesagt, und seine Stimme hatte sanft geklungen.
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Und plötzlich fing ich an zu reden. Ich erzählte ihm alles, beginnend mit jener Nacht der Frühlingsfeuer, in der ich erkannt hatte, dass ich Artair liebte, bis zu jenem Moment am heutigen Nachmittag.
Nachdem ich geendet hatte, holte ich tief Luft. Zum ersten Mal seit vielen Tagen fühlte ich mich leichter.
Er schwieg lange. „Warum sagt Ihr es ihm nicht?", fragte er dann leise.
„Wozu?" sagte ich tonlos.
„Er liebt mich nicht, nicht
so. Ich kann es ihm nicht sagen, es würde einfach alles zwischen uns verändern, unwiderruflich und für immer. Er wäre ständig auf der Hut, um mich nicht zu verletzen, und ich würde es wissen. Er würde mir anders begegnen, mich anders behandeln, es wäre nie mehr dasselbe. Vielleicht wären wir so befangen im Umgang miteinander, dass wir nicht mal mehr Freunde sein könnten, und das wäre das Allerschlimmste, was passieren könnte."
Ich senkte den Kopf.
„Und es ist schon schlimm genug, zu wissen, dass er mich nicht liebt, ich muss es nicht auch noch aus seinem eigenen Mund hören. Und das Letzte, was ich will, ist sein Mitleid. Das könnte ich nicht ertragen."
Während ich sprach, hatte er mich aufmerksam beobachtet. Jetzt schüttelte er den Kopf.
„Ihr solltet es ihm sagen. Wie könnt Ihr nur so sicher sein, dass er Euch nicht doch liebt? Was, wenn er das Gleiche für Euch empfindet und aus den gleichen Gründen schweigt wie Ihr? Wenn er sich diesem Mädchen zugewandt hat, weil er glaubt, dass Ihr seine Gefühle nicht erwidert? Wollt Ihr das Risiko eingehen, den Mann zu verlieren, den Ihr liebt, nur weil Ihr zu feige wart, mit ihm zu sprechen?"
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Ich blitzte ihn wütend an.
„Ich bin nicht feige", gab ich heftig zurück.
„Aber Ihr habt gut reden. Ihr seid nur eine Vorstellung und müsst mit den Konsequenzen nicht leben."
„Man muss immer mit den Konsequenzen leben, egal, was man tut. Jeder von uns. Und was das Andere angeht -"
Er beugte sich zu mir, seine sanften, grauen Augen blitzten, sein Blick war intensiv.
„Ihr glaubt, ich bin nur eine
Vorstellung?"
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Langsam berührte er meine Hand und sah mich abwartend an; ließ mir die Wahl, ob ich mich seiner Berührung entziehen wollte oder nicht.
Gebannt starrte ich auf seine Hand, die sich dunkel von meiner abhob.
Fasziniert nahm ich wahr, dass ich ihn tatsächlich spüren konnte, so, als ob er wirklich neben mir säße. Mein Herz klopfte wie wild.
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Als er merkte, dass ich mich nicht widersetzen würde, drehte er meine Hand, hob sie hoch und küsste mich auf die Innenseite meines Handgelenks.
Heftig atmend fuhr ich aus dem Schlaf hoch.
Ich strich über die Stelle, an der ich seinen Kuss immer noch zu spüren glaubte. Es fühlte sich warm an und kribbelte.
Ich ließ die Hand in meinen Schoß fallen.
Er hat Recht, dachte ich.