Oh, ein Plan! Also ich hätte den, so rein beruflich, gescannt und nicht abfotografiert. Einmal mit orangefarbenem Streifen, einmal ohne, und wenn irgendetwas von Belang auf der Rückseite ist, dann auch dies. Ich vermute einmal, das Ding hängt aber in keinem Planschrank und hat auch keinen orangefarbenen Streifen.
Heute habe ich ja, wie zuvor geschrieben, Familienbeihilfe-Anträge gescannt. Aber alles der Reihe nach: Auf 4:40 Uhr hab ich mir den Wecker gestellt, um 4:50 Uhr hab ich's aus dem Bett geschafft, und dank der akribischen Vorbereitung vom Vortag (okay, das ist ein wenig übertrieben, ich hab mir halt alles, was ich so für einen Arbeitstag brauche, griffbereit hergerichtet) konnte ich mich um kurz vor 5:10 Uhr auf den Weg machen. Die Verbindung mit der U-Bahn war besser als an so manchem Morgen in der Hauptverkehrszeit, weshalb ich schon um 5:40 Uhr in der Arbeit war. Dabei ist mir Lapsus Nr. 1 passiert: Ich habe meine Ausweiskarte schon um diese Zeit vor die elektronische Stechuhr gehalten, obwohl man das erst frühestens um 6 Uhr darf, wie ich später erfuhr. Lapsus Nr. 2 geschah Stunden später und war etwas gravierender: Mir ist aus so einem Stapel eine Immatrikulationsbestätigung* rausgefallen. Ich hab eine Dreiviertelstunde wie wild nach dem dazugehörigen Antrag gesucht, diesen aber nicht gefunden. Den Ratschlag eines Kollegen, das halt noch gründlicher zu machen, fand ich nicht zielführend (
), weshalb ich mich nolens volens an den stellvertretenden Chef wenden musste. Halb so schlimm, fand er, ich hätte ihm das aber besser früher sagen sollen und nicht so viel Zeit mit dem Suchen verplempern sollen. Beim Suchen hab ich überdies noch ein wenig Unordnung in den Stapel gebracht. Kann sein, dass der betreffende Antragsteller bzw. die betreffende Antragstellerin vom Finanzamt Post erhält, wo denn sein/ihr Antrag geblieben ist. Da war der Tag im Grunde genommen schon gelaufen.
Ich wollte eigentlich bereits um 12 Uhr Schluss machen und mit der Nostalgietram fahren, die als Zubringer für den heutigen Tramwaytag eingesetzt wurde, der normalerweise einmal im Jahr stattfindet, letztes Jahr aber coronabedingt gestrichen wurde. Ich ging anfangs noch davon aus, dass es sich nur um eine historische Tram handeln würde und die anderen Zubringer sonst auch im Planverkehr anzutreffen wären, tatsächlich waren es aber mindestens drei "Oldtimer"-Züge. Praktisch war, dass die beiden teilnehmenden Remisen (Depots) mehr oder weniger in der Nähe meines Arbeitsplatzes liegen. Zuerst bin ich, Arbeitsende war erst um 12:51 Uhr, in einem k
5-Beiwagen gefahren, der an einen Kriegsstraßenbahnwagen (KSW) angehängt war. Kurz zur Geschichte dieser Fahrzeuge (der Beiwagenbaureihe und nicht des KSW), die nicht nur für solche Freaks wie mich interessant erscheint: Es begann so, dass offenbar noch kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs rund 100 Lastbeiwagen angeschafft wurden, die aber erst nach Kriegsende geliefert wurden und dann in den Depots mangels Verwendbarkeit nur Platz wegnahmen. Unter der klerikalfaschistischen Schuschnigg-Diktatur wurden auf die Fahrgestelle dieser Lastbeiwagen neue hölzerne Aufbauten nach rund einem Vierteljahrhundert alten Plänen gesetzt und die solcherart geschaffenen "neuen" Personenbeiwagen bei der Eröffnung der neuen Reichsbrücke 1937 als "Zukunftstraum" beworben. Dazu wurde auf einem alten Pferdebahnwagen, der noch immer als Beiwagen für die elektrische Straßenbahn eingesetzt wurde, eine große Leinwand angebracht, deren Größe derjenigen der "neuen" Beiwagen entsprach und auf der folgerichtig eine entsprechende Seitenansicht aufgemalt war. Klar waren die "Zukunftsträume" etwas größer als die alten Pferdebahnwägelchen, was das damalige Regime eben als großen Fortschritt zu verkaufen versuchte. Ein paar Monate später war dann die Operettendiktatur Geschichte und die ungleich brutalere Hitlerdiktatur wurde von den Massen bejubelt.
Als ich der zweiten Nostalgietram zugeeilt bin, hab ich einen früheren Arbeitskollegen im weiteren Sinn (er arbeitet noch immer im 1. Stock, ich früher im 3.) leider aus den Augen verloren, den ich zuvor zufällig getroffen und mit dem ich mir zuvor das eher bescheidene Gschnas, wie der Wiener etwas despektierlich zu derlei Festivitäten sagt, im Bahnhof Simmering angesehen habe. Der Begriff "Bahnhof" wird übrigens in Wien, was etwas irreführend ist, auch für Straßen- und U-Bahn-Depots verwendet. In der Langform heißt es, etwas weniger verwirrend, "Betriebsbahnhof". Der langen Rede kurzer Sinn, in den Bahnhof Simmering darf man sonst nicht rein, da es sich um ein in Betrieb befindliches Straßenbahndepot handelt.
Besagte zweite Tram (im Übrigen eine in Wien eher wenig geläufige Bezeichnung, aber man soll mich hier ja verstehen):
Diese Wagen waren technisch und vor allem konzeptionell schon beim Bau veraltet, was der Laie aber nicht so ohne Weiteres erkennen konnte, denn das bloße Design entsprach ja der Zeit.
Hier derselbe Zug, den ich leider stets nur fensterseitig und meistens von hinten ablichten konnte, davor zwei Planzüge:
Bei der U-Bahn-Station "Schlachthausgasse", die sich in der Nähe des Verkehrsmuseums, einst "Bahnhof Erdberg", befindet:
Im Inneren präsentiert sich der Beiwagen 1852 moderner als der ungefähr zur selben Zeit gebaute davor befindliche Triebwagen. So hat ersterer etwa glatte kunststoffbeschichtete Haltestangen und einen Gummifußboden, letzterer aber noch einen Holzfußboden und Haltestangen, über die eine Art Band aus einer Kunststoffvorform kunstvoll gewickelt ist. Die Haltestangen sind ja aus Metall, und Metall leitet Strom. Damit die Fahrgäste von letzterem nichts abbekommen, braucht es eben diese Art von Schutz.
Auf dem folgenden Bild sieht man auch zwei der traditionellen Haltestellentafeln, die nach und nach durch hässliche Prügel mit elektronischen Anzeigen ersetzt werden sollen:
Derzeit sind die erwähnten Anzeigen noch an gesonderten Säulen angebracht. Ich hoffe ja noch immer, dass die Wiener Linien mit diesem Vorhaben nicht durchkommen.
Im Verkehrsmuseum gab's auch nichts Aufregendes. Die Ausstellung gibt es sonst auch, wenngleich mit zu zahlendem Eintritt, und das Drumrum war genauso fad wie im Bahnhof Simmering. Nun, was sieht man denn so im Museum? Da wär etwa der Bus, der 1976 gemeinsam mit der weiter oben genannten Reichsbrücke in die Donau plumpsen sollte. Der war mir aber egal, weil mich etwas Rotes ganz in der Nähe mehr interessierte:
Okay, die Schatzis stehen dort auch schon seit vielen Jahren herum, aber ich musste sie einfach fotografieren, zum x-ten Mal zwar, aber trotzdem.
Manch Banause sagt, sie seien hässlich. Ich finde hingegen, sie haben ein Charaktergesicht.
Vom Donaubus sieht man ganz rechts das Heck, ganz links ist ein Bus aus der ersten Doppeldeckerserie Wiens zu erkennen (es gab dann noch eine zweite, der dann keine dritte mehr folgen sollte).
Hier der Wagen 2872 allein (2888 ruht leider im Schienenfahrzeughimmel):
Leider war man bei der Restaurierung etwas schleißig. Oberhalb der Türgriffe (die nur im Notfall zu betätigen waren, denn die Türen funktionierten an sich automatisch) befanden sich Aufkleber, ursprünglich sogar kleine Emailtäfelchen, nun ist nichts dergleichen an 2872 angebracht. Beim vordersten Türflügel fehlt überdies der Griff, der die zu sehende Ausnehmung eigentlich zur Hälfte verdecken sollte.
Abschließend noch stakkatoartig (der Beitrag hat eh wieder fast Romanlänge) zwei Begebenheiten im Bus am späten Nachmittag (hab heute eine halbe Torte gegessen und musste schon allein deswegen meine übliche Nasenwegtour machen, wollte aber nicht auch noch bergab gehen): Kuh stößt und streift mich unentwegt mit ihrem Rucksack bzw. lehnt sich seelenruhig mit selbigem an mir an. Ich: Sie möge das bitteschön sein lassen. Sie: Oh, Geesus Christ (war aber eine Hiesige, sprich: keine Touristin). Ich: Ich kann mich halt leider nicht in Luft auflösen. Sie seufzt genervt. Wenig später: Kuh Nr. 2 mit Kinderwagen steigt in den nunmehr endgültig heillos überfüllten Bus ein (wenn der vordere Bereich samt Tür nicht coronabedingt abgesperrt gewesen wäre, wär vielleicht etwas mehr Platz gewesen, aber das nur so nebenbei). Ich biete ihr an, mich vom Rollstuhlplatz, wo ich gestanden bin, wegzubegeben, weil die Kinderwagenplätze bereits belegt waren. Sie reagiert nicht. Ich verdeutliche mein Angebot, wäre sogar bereit gewesen, auszusteigen und auf den nächsten Bus zu warten bzw. zu Fuß zu gehen. Sie: --- Die war sich einfach zu gut, mit mir ein Wort zu wechseln. Hat die Welt sowas schon erlebt?
² Naja, wenn sie gerne im Türbereich mit ihrem Kinderwagen herumsteht, dann soll's mir recht sein. Was soll man da noch schreiben? Mir fehlen noch immer die Worte.
Solche Erlebnisse sind leider dazu geeignet, meinen Hang zur Menschenscheu noch zu verstärken.
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*) Warum muss das eigentlich so ein schmaler Papierstreifen sein, der wie geschaffen dafür ist, aus so einem Stapel zu fallen, erst recht, wenn man das eine oder andere Deckblatt ausfindig machen muss, das sich in besagten Stapeln verbirgt? Ich mein, leidet Österreich etwa unter Papiermangel wie nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Papier streng rationiert wurde? Echt jetzt, warum kann das kein stinknormaler A4-Zettel sein?