*FS* Eine kleine Nachtmusik...

simsekind

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November 2004
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Kinderfeld
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- Eine Zusammenstellung von kurzen Liebesgeschichten -

Dies ist mein aller erster Versuch, also seid nicht so streng mit mir.
Ich habe mir vorgenommen eine Reihe von kurzen Geschichten zu machen, die alle irgendwie das Thema Liebe beinhalten sollen.

Über Kritik und Anregungen und derartiges würde ich mich selbstverständlich freuen.


BEREITS VERÖFFENTLICHTE FOTOSTORIES:

Coma Black
Schnellzugriff, ohne Kommentare: 1
2
3 4 5 6 7
-abgeschlossen-

Wo die Träume wachsen
Schnellzugriff: 1 2 3 4
-abgebrochen -

Rosenrot
Schnellzugriff: 1 2 3 4 5

Teil I:
Coma Black

This was never my world
You took the angel away
I´d kill myself to make everybody pay

-Marilyn Manson, Coma Black -

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Es ist wieder eine dieser schlaflosen Nächte, die mich vor meinen Computer lockt.
Auf der Suche nach ihr, auf der Suche nach meinen Gefühlen und der ständigen Bemühung, meine Sehnsucht zu sättigen.
Manchmal sitze ich nur so da und denke über Worte nach, einfach Worte, die ich ihr nie zu sagen wagen werde, aber ich sie wissen lassen muss.
Und dann kommen mir die Gedanken an unsere Nächte, an unsere gemeinsame Zeit und ich beginne damit sie aufzuschreiben, sie einfach irgendwie fest zu halten, damit ich etwas habe, das mich in jeder Sekunde an sie erinnert, auch wenn sie nicht bei mir ist. Wie so oft.

Liebe. Die Liebe ist ein höchst kompliziertes Gut und ich weiß nicht damit umzugehen.
Die ganze Angelegenheit wäre nur halb so schwer, wenn ich sie für mich alleine hätte.
Ich liebe sie und ich weiß, dass auch sie mich liebt.
Aber gleichzeitig wird mir jedes Mal aufs neue schmerzlich bewusst, dass ihr Herz zu einem bestimmten Teil nach wie vor an jemandem hängt, der ihr viel näher war, als ich es je sein kann und der ihr ein größeres Geschenk seiner Zuneigung gemacht hat, als ich es ihr je machen könnte: er schenkte ihr ein Kind.

Dies ist die Geschichte einer heimlichen Leidenschaft, einer erotischen Affäre und Gefühlen, die so gar nicht in das Schema einer solchen gehören sollten.
Dies ist meine Geschichte und in dieser schlaflosen Nacht bringe ich sie nun zu Papier.


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Ich war 19 als ich sie kennen lernte. Es war auf dem Rummelplatz und ich weiß es, als wäre es gestern gewesen. Sie war zu dem Zeitpunkt bereits 22 gewesen, eine junge Frau, die mich auf den ersten Blick fasziniert hatte.
Um ehrlich zu sein rechnete ich mir nicht viele Chancen bei ihr aus, und dennoch nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte sie. Ich fragte sie, ob sie mich nicht zum Essen begleiten wolle. Um die Ecke kannte ich ein nettes Lokal, ruhige Atmosphäre und der beste Platz für Abgeschiedenheit. Ich bezweifelte sie würde ja sagen, aber mit ihrer warmen Art überraschte sie mich, sie nickte und sagte zu.
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Während des Essens stellte sich heraus, dass sie verheiratet war und nun ihr erstes Kind erwartete. Dieses Treffen, so gab sie mir freundlich zu verstehen, würde deshalb nur auf einer rein platonischen Ebene ablaufen, und sollte ich Hintergedanken hegen, wäre es ratsam sie gleich zu vergessen. Doch ich spürte, dass ich ihr ebenso gefiel. Es war einfach vorherbestimmt, sie für mich und ich für sie.
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Nach dem Essen nahm sie mich mit zu sich nach Hause und wir verbrachten eine traumhafte Nacht miteinander. Anfänglichen Berührungsängsten folgten zärtliche Streicheleinheiten, bis sie sich vor mir entblößte, mir ihren jungen, sanften Körper offenbarte, sich über mich beugte. Leise und zart vernahm ich ihre süßen Worte, die mir ins Ohr flüsterten „Ich will dich“ und dann spürte ich ihre Lippen auf den meinen und sie waren so süß, dass ich sie am liebsten nie wieder von mir gelassen hätte.
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Plötzlich und völlig unerwartet ließ sie von mir ab.
„Was ist los?“ fragte ich verdutzt. „Habe ich etwas falsch gemacht?“
Doch sie winkte nur ab und lächelte.
„Nein“ sagte sie dann, „nein, ich habe etwas falsch gemacht.“
Und ich verstand. Ich sah ihr in die Augen und las darin Scham, Ratlosigkeit und Schuldgefühle. Doch diese Augen waren nicht gedacht für derartig negative Empfindungen, sie sollten strahlen und sich freuen. Also ließ ich von ihr ab, erhob mich und packte zusammen, was mir gehörte.
„Es tut mir leid“ flüsterte sie mir zu. „Aber ich kann nicht.“
Von draußen hörte ich ein Auto kommen. Mein Gefühl verriet mir, dass der Insasse der Grund für ihre Zweifel war…
Aber ich klagte nicht, ich machte ihr keine Vorwürfe, sondern gab mich glücklich mit dem, was ich hatte genießen können.
„Danke.“ sagte ich und schlich durch die Hintertür in die Dunkelheit der Nacht.
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Einen letzten Blick wagte ich zum Fenster, bevor ich ging.
Sie war aufgestanden und war dabei die letzten Spuren unseres Zusammentreffens zu verwischen.
Und mit ihnen mich. Ich rechnete damit sie nie wieder zu sehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass der Tag bereits seit mehreren Stunden um war.
Ich hatte die Zeit nicht so schnell vorbei laufen sehen, als ich sie mit ihr genoss.
Schnell nahm ich einen Kleinigkeit zu mir, eher ich mich ins Bett begab.
Doch so richtig schlafen konnte ich nicht.

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Meine Gedanken kreisten um diese junge Frau, die mir mit ihrer Ausstrahlung und ihrer Art den Kopf verdreht hatte. Ich lag lange wach, grübelte und wünschte mir sehnlichst, dies möge nicht unser letztes Zusammentreffen gewesen sein.
Die letzten Hoffnungen beriefen sich auf den Rummelplatz. Gleich am nächsten Abend wollte ich wieder dort auftauchen und sehen, ob sie sich nicht ebenfalls wieder dort herum trieb.
Vielleicht auf der Suche nach mir – aber dies war eine groteske Vermutung.

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So begnügte ich mich mit meinem eigenen Kopfkino, das mir Bilder zeigte, von solch Schönheit, dass ich innerlich beinahe von der Sehnsucht zerfressen wurde.
Ich stellte sie mir vor …

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… wie sie dort stand und ihr junger Körper war unverhüllt. Wie für mich präsentiert.

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Auf ihrer Haut glänzten die Wassertropfen und es überkam mich das Verlangen, diese zu berühren.
Wir kannten uns nicht und doch fühlte ich mich ihr auf eine sonderbare Weise so nah. Sie erschien mir vertraut, vertrauter als jeder Mensch in meinem Umfeld nur sein konnte.
Ich sah sie vor mir …

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… wie sie dort stand und lächelte, vielleicht sogar an mich dachte.
Es war absurd, es war unwirklich, aber es gefiel mir.
 
Zuletzt bearbeitet:
Klingt interessant , mach schnell weiter . Du schreibst gut .
 
simsekind schrieb:
Danke sehr.

Eine Frage am Rande:
wo kann ich Bilder hochladen, damit sie beim verlinken nicht so verschwommen sind?
Bisher mache ich es bei arcor, aber kaum lade ich sie hoch sind sie qualitativ für den Müll.


Sorry , das weiß ich jetzt nicht so genau . Bitte übrigens .
 
Eine tolle Idee und eine gute Umsetzung:
Aber eine Frage: Du hast NL? (Wegen Bildern aus Fotokabiene),aber keine Zensierung. Das geht doch mit NL nicht, oder???
 
Nein, eigentlich nicht, aber ich habe mir hier irgendwo einen Patch runter geladen. Warte ich schaue nach, ob ich den noch irgendwo in gezipter Form auf dem PC habe, den genauen Link kenne ich nämlich nicht.
Ansonsten sieh dich einwenig im Forum um.

Edit: Jap, habe ich noch da.
Soll ich ihn dir schicken?
 
Wäre nett. Danke mal im Vorraus, brighti

EDIT: Ähm. sorry. Brauchst du dazu meine E-Mailadresse? Ich blick da nicht so durch:rolleyes:
 
Kurz bevor diese angenehmen Gedanken befähigt waren mich in den Schlaf zu wiegen, klingelte es an der Tür.
Überrascht sprang ich auf und schritt zum Fenster.
Ich rechnete mit allem, sogar mit dem schlimmsten, denn wer erwartet schon – ich sah abermals auf die Zeit – um drei Uhr morgens besuch – aber meine Befürchtungen verwandelten sich in Unglauben mit anschließenden innerlichen Freudeausbrüchen, als sich mir mein unverhoffte – und irgendwie doch erhoffter- Besuch offenbarte.

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Ein Blick in die Dunkelheit bot mir das schönste Bild, das ich glaubte je in meinem Leben genießen zu dürfen.
Ich erkannte sie, sah ihre schlanken Konturen in der Nacht stehen und für einen Moment musste ich mich fragen, ob ich nicht vielleicht doch längst träumte.

Ich öffnete und bat sie herein.
In diesem Moment wurde mir zudem schlagartig bewusst, dass ich noch nicht einmal ihren Namen kannte.

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Einwenig zurückhaltend stand sie vor mir und wusste nicht recht, wie sie beginnen sollte.
„Es tut mir leid, wenn ich dich um diese Uhrzeit störe, aber du hast etwas bei mir liegen lassen.“ Sie hielt mir meine Jacke hin. „Also dachte ich, ich bringe sie dir schnell vorbei.“
Ohne wirklich zu wissen, wie ich auf diesen unerwarteten, aber angenehmen Besuch reagieren sollte, nahm ich perplex das Kleidungsstück an mich. Glaubte ich zuvor nie an Wunder, so fing ich an diesem Tag damit an.
„Deine Adresse habe ich aus den Papieren in deiner Geldbörse ausfindig machen können…“ fügte sie mit leiser Stimme hinzu.

Ihr schüchterner Anblick brachte mich zum Grinsen.
„Habe ich etwas falsch gemacht?“ fragte sie mich darauf hin und dies mal war ich derjenige, der auf diese Frage eine Antwort suchen durfte.
„Nein,“sagte ich. „Es war genau richtig.“

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In einem für sie überraschenden Moment zog ich sie sanft an mich und drückte meine Lippen auf die ihre.
Es war eine sehr riskante Geste und auch wenn ich äußerlich den coolen Verführer mimte, so war ich innerlich dabei mir in die Hosen zu machen.
Das letzte, was ich mit meiner Aktion erreichen wollte, war es diese Frau für immer zu vergraulen. Doch statt mich weg zu stoßen erwiderte sie meinen Kuss.
Ganz zaghaft drückte sie sich enger an mich und ich, ich nutze diese einmalige Gelegenheit…Ich wollte sie hier und jetzt.

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…so ließ ich meine Hände ihren weichen Körper hinab gleiten, immer tiefer.
Und auch hier ließ sie mich machen, ohne sich dagegen zu stellen.
Ich sah sie vor mir, wie sie jeden Augenblick zurück springen und mein Haus verlassen könnte, aber sie machte keinerlei derartigen Anstalten.
Ihre Hände umschlangen meinen Körper und auch sie begann mich zu ertasten.

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Ich kostete diesen Moment aus, ich drückte sie noch fester an mich und dann machten sich meine Hände auf die Suche nach ihrem Reißverschluss.
„Du wirst mir doch nicht wehtun, oder?“ fragte sie.
„Nein, so etwas könnte ich mir nie verzeihen.“
„Gut.“
Und dann zeigte sie mir den Weg…
 
WOW :eek: :eek: !!!

Bis jetzt ist die Geschichte echt klasse! Dein Schreibstil ist der Hammer!!
Mach schnell weiter!! Bin doch so neugierig!!
 
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Langsam streifte ich ihr Kleid von ihrem Körper und legte sie sanft und behutsam auf das nahe stehende Sofa.
Es war das schönste Glück auf Erden diese Frau bei sich zu spüren, dachte ich und ich genoss ihre Küsse und ihre teilweise zaghaften Berührungen, wie ich es noch nie zuvor bei einer Frau getan hatte.
Nach wie vor wollte mir einfach nicht bewusst werden, welcher Segen mir widerfahren war, es war mehr als Glück, es war Schicksal. Es musste einfach etwas dergleichen gewesen sein, das sie zu mir geführt hatte.

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„Lass mich nicht mehr los, ok? Nie mehr!“ flehte sie und drückte mich nur noch enger an sich.
„Wie könnte ich einen Engel wie dich jemals wieder davon fliegen lassen?“ flüsterte ich ihr sanft ins Ohr und ich spürte, wie sie lächelte.

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Dann beugte ich mich über sie, umklammerte ihre schmale Taille mit meinem Arm, während ich mich mit dem anderen abstützte, um dieses zierliche Objekt meiner schlaflosen Nacht nicht unter mir zu begraben.

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„Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich“ schwirrte mir dabei unaufhaltsam durch den Kopf und nie waren mir diese Worte ehrlicher erschienen als in dieser Nacht.

Und obgleich ich wusste, dass es falsch war, was wir beide taten, schloss ich die Augen und genoss in jenem Augenblick ihre Nähe.
 
Superschön. Wirklich klasse Story bis jetzt (auch wenn von der eigentlichen Story bis jetzt natürlich noch nich sooo viel durchgekommen ist ;) aber ich bin nach dem Anfang sehr zuversichtlich...) Wirklich wundervoll bis jetzt, freu mich auf mehr LG
 
Echt gut . Super , fantastisch geschrieben . Das ist soooo romantisch , das lässt einen einfach wegtreten in deine Story , so als könnte man einfach dorteinsteigen . Das ist unfassbar schön .
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Freundin hatte mir die Fs empfohlen und da hab ich sie mal angefangen zu lesen...

Dein Schreibstil verzaubert einen und mich lässt es wirklich in eine Welt ein tauchen.Wow, mir gefällt es wirklich gut.Es lässt sich flüssig lesen und es ist furchtbar romantisch!
Bin gespannt auf die Fortsetzung!
Lg,
Marie
 
Als ich am folgenden Morgen erwachte war mein andere Betthälfte leer.
Ich konnte zwar nach wie vor ihren Duft neben mir riechen, aber sie selbst war nicht mehr da.
Vorsichtig lauschte ich nach Geräuschen, nach irgendwelchen Schritten die mich davon überzeugten sollten, dass sie noch hier war.
Doch ich hörte nichts, außer dem morgendlichen Gesang der Vögel.

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Stets in der Hoffnung, sie würde mich gleich empfangen in ihrer zarten Unterwäsche und mir mit einem langen Kuss einen guten Morgen wünschen, erhob ich mich aus dem Bett.
Aber meine Hoffnung blieb unerfüllt, ich betrat einen verlassenen Raum und nur die Möbel spendeten mir ein Gefühl von Vertrautheit.
Plötzlich fiel mein Blick auf den Schreibtisch…

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…und eigentlich wusste ich bereits was es war, noch eher ich es mir genauer ansah.
Und wenn ich ehrlich war, wollte ich es auch nicht sehen. Ich wollte nicht die Gewissheit für meinen unaufhaltsamen Verdacht in greifbarer Form vor mir haben.
Ich wollte es einfach nicht wissen, aber die Wahrheit gehört nun einmal zu den Dingen, vor denen man nicht flüchten kann und so ließ ich es zu, was mir mein Verstand auf schmerzvolle Weise seit einigen Minuten versuchte zu verdeutlichen:
Sie war fort und hatte mir eine Notiz dagelassen.
Ein sauber zusammen gefalteter Zettel mit ihren letzten Worten.
Ich wäre in diesem Augenblick nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass ich sie nie wieder sehen würde.

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In sauberer Frauenschrift waren folgende Worte auf dem Papier zu finden:

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Ich habe es bis heute nicht übers Herz gebracht, diese Zeilen weg zu werfen, auch wenn sie grausam sind, auch wenn sie lügen und auch wenn sie das letzte sind, was ich von ihr in den Händen halten werde.
Vielleicht aber auch gerade deswegen.

Was sich nach unserem Treffen genau ereignet hatte, weiß ich nicht.
Ich weiß nur das, was mir mein Verstand auch heute noch in Bildern zu vermitteln versucht.
Auch wenn ich diese Bilder nicht sehen will...

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Ich saß gerade beim Frühstück und dachte nach. Sie hatte zwar geschrieben, dass sie mich nicht wieder sehen will, aber so einfach wollte ich unsere Begegnung nicht auf sich beruhen lassen. Es war viel zu schön, um es zu vergessen und einfach so weiter zu leben wie bisher.
Ich wusste, dass ich es nicht konnte. Nicht ohne sie.
Mühsam würgte ich mein Sandwich runter.
In meinem Magen rumorte es, aber komischerweise war mir dennoch nicht nach Essen zumute.
Viel mehr plagten mich die Gedanken an die letzte Nacht und ich überlegte mir, wie ich fortfahren sollte.
Es sollte nicht so plötzlich enden. Ich traf meinen Engel und ich versprach, ihn nie wieder davon fliegen zu lassen. Nun hatte er dennoch seine Flügel ausgebreitet und war fort – ich verlor diese Reinheit, diese Unschuld, ich verlor die Liebe und das wollte ich nicht zulassen.
Also dachte ich nach. Ich wusste, wo sie wohnte. Ich konnte problemlos hinfahren, sie heimlich heraus locken und mit ihr davon rennen. Ganz gleich wohin.

Meine Gedanken wurden durch das plötzliche Klingeln des Telefons unsanft unterbrochen.

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„Dean Smith?“ Am anderen Ende der Leitung ertönte eine ruhige Frauenstimme.
Ich bestätigte.
„Mein Name ist Rosalie Mayers. Ich bin von der Polizei. Mr. Smith, ich muss Ihnen einpaar Fragen stellen. Es geht um Annie Schneyder. Kannten Sie sie?“
Dieser Name sagte mir nichts. Er war mir unbekannt, ich hatte ihn noch nie zuvor gehört, also winkte ich ab, erklärte, hier müsste eine Verwechslung stattfinden, ich wäre der Falsche, sie hätte sich verwählt, sollte es anderweitig probieren… Und doch war während dieses Gesprächs die gesamte Zeit über so ein merkwürdiges Gefühl in mir, das mir verriet, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Auch wenn ich versuchte resigniert zu bleiben, innerlich hätte ich flennen können – und wusste nicht einmal den Grund dafür.

„Mr. Smith, wir fanden Ihre Adresse in Annies Wagen. Sind Sie sicher, dass Ihnen der Name nichts sagt?“
Obgleich ich in jenem Moment ehrlich war, wusste ich gleichzeitig, dass ich unbewusst log.
Ich kannte diese Person, doch wollte ich es mir nicht eingestehen.
Mein Blick fiel auf die Notiz. Am Ende des Papiers stand ein A., A. wie Annie.
Ich hatte sie letzte Nacht nicht nach ihrem Namen gefragt, ihr Name war mir nicht wichtig. Viel wichtiger war die Person, der er gehörte.
Aber ich wusste es, tief in mir wusste ich es, auch wenn ich es mit allen Mitteln versuchte zu unterdrücken: Die Frau am anderen Ende der Leitung sprach von ihr.

„Ja…mag sein. Ich weiß nicht. Doch. Was ist passiert?“ Die Worte kamen bruchstückartig und zusammenhanglos aus meinem Mund geschossen. Ich war irritiert, was jedoch noch schlimmer war: ich hatte Angst.

Am anderen Ende herrschte kurzes Schweigen. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor, bis die Frau von der Polizei wieder ansetzte.
„Nun Mr. Smith, es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Mrs. Schneyder ist vor einigen Stunden verstorben. Die Gärtnerin fand sie gegen halb Sechs in ihrem Haus tot auf.
Sie müssen verstehen, dass wir nun, auf der Suche nach Informationen über ihren plötzlichen Tod, erst einmal den gesamten Bekanntenkreis untersuchen. Auf der Suche nach…- nach Verdächtigen, Sie verstehen mich? Oh Mr. Smith, es tut mir wirklich leid.“

Ich wollte sie nicht verstehen, wollte ihr nicht weiter zu hören. Ihre Worte taten mir weh.
Mein einziger Wunsch war es einfach in meinem Bett aufzuwachen, mit ihr in meinen Armen, und aufatmend die Gewissheit bekommen, dass das ganze Gespräch nur meiner wirren Gedankenwelt entsprungen war.
Sonst nichts.
 
Super Teil . Super geschrieben , der Arme Dean .
 
Ich habe bis jetzt nur stumme Leserin, aber jetzt will ich mal meine Komis abgeben. :)

Mir gefällt dein Schreibstil sehr, sehr gut. Du hast es wirklich in dir, eine Geschichte zu übermitteln.
Die Bilder gefallen mir auch sehr. Gut gemacht, obwohl der Mann (sorry, der Name fällt mir gerde nicht ein) nicht gerade mein Typ ist. :D
Die Story ist wirklich gut. Das mit dem Tod von Annie find ich total traurig. :schnief:

LG Hilary :hallo:
 
Nun ja , er gefällt mir auch son bisschen .
 
Um ehrlich zu sein ist der folgende Teil nicht ganz so geworden, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte.
Aber ich wollte die Geschichte unbedingt heute noch zum Ende bringen.
Ich mag diesen Teil nicht, er ist viel zu detaillos, soll aber in etwa Deans Gedanken - die aufgrund des Schocks über die unheilvolle Nachricht recht kurz gefasst sind - einwenig darstellen.
Soviel zur allgemeinen Erklärung.


Rosalie Mayers sprach vorsichtig, während sie mir alle Einzelheiten vor Augen führte.
Die Polizei würde nicht wissen, wer der Täter sei, sagte sie und fragte mich nach Anhaltspunkten.

Ich gab ihr meine Sicht der Dinge preis, auch wenn mir dieses Geständnis und die Geschichte – möge sie auch bloß aus Vermutungen bestehen, mehr weh tat als alles andere auf dieser Welt.

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Sie war mit Absicht sehr früh aufgestanden, hatte mich nicht geweckt und war heimlich nach Hause gefahren.
Ihr Auto hatte sie bemüht vorsichtig vor dem Haus geparkt und war hinein geschlichen, in der Hoffnung, er würde noch schlafen.

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Doch er hatte auf sie gewartet und als sie hinein trat, war er aufgesprungen und auf sie zu gelaufen.
In seinem Gesicht hatte sie die blanke Wut lesen können und es machte ihr Angst, weil er schon immer sehr jähzornig und unberechenbar gewesen war.
Mit ihrer warmen Art hatte sie versucht ihn zu beruhigen, versucht ihm zu garantieren, dass es keinen Grund zur Aufregung geben würde, doch er ließ nicht mit sich reden.

Er hatte ihr befohlen zu schweigen, schließlich wüsste er über alles bescheid.

Ich hörte seine Stimme durch meinen Kopf hallen, wie diese ihr Wörter zurief, die sie nicht verdient hatte.
„Miststück, Flittchen. Habe ich nicht immer alles für dich getan?
Hast du es nicht immer gut bei mir gehabt? Ich werde dir zeigen, wie es ist verletzt zu werden!“

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Ich hörte ihn erzählen, wie er in der Nacht meines Besuches früher von der Arbeit nach Hause gekommen war, weil er ausnahmsweise eher frei bekommen hatte.
Mit einem Strauß Blumen sei er dann zum Haus geschlichen, um sie zu überraschen.
Als er dann das Licht durch das Schlafzimmerfenster leuchten sah, hatte er hinein gelugt und
hatte die Wahrheit schonungslos präsentiert bekommen.

So muss es gewesen sein. Er hatte uns unauffällig beobachtet, aber nicht gestört.
Er hatte zugesehen, bis wir fertig waren und seine Wut war mit jeder Sekunde gestiegen, wie es in jenem Moment auch meine Lust getan hatte.

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Ich sah sie vor mir, wie sie mit weit aufgerissenen Augen da stand und hoffte, flehte er möge ihr nichts tun. Sie hätte es nicht gewollt, sie wollte es nicht soweit kommen lassen, es täte ihr leid.
Ich sah meinen Engel leiden und allein die Vorstellung brach mir das Herz.
Ihr bezauberndes Gesicht wurde zu einer Maske der Angst.
Wie gerne wäre ich in diesem Augenblick da gewesen.
Ich hätte sie ihm entrissen und weit weg gebracht, weit von allem Kummer und Leid.
Wie gerne..

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Aber in seiner Verzweiflung, in seiner grenzenlosen Wut und Enttäuschung hatte er dann ausgeholt.

Nachbarn erzählten später, dass er sie des Öfteren geschlagen hatte. Es war ein offenes Geheimnis gewesen, doch niemand sprach darüber. Man sah einfach weg, wie Menschen es nun einmal gerne handhaben.

An diesem Morgen schlug er sie zum letzten Mal.

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Man fand sie allein und hilflos auf dem Boden liegen. Sie war umgeben von ihrem eigenen Blut und atmete nicht mehr.
Die Mediziner stellten vor Ort fest, dass der Tod bereits seit anderthalb Stunden eingetreten war.
Aussichten auf Rettung hatte es demnach keine gegeben.
Sie wurde mir entrissen, ohne auch nur eine winzige Chance erhalten zu haben.


Rosalie ließ meine Geschichte auf den Wahrheitsgehalt untersuchen.
Verzweifelte Vermutungen verwandelten sich in Tatsachen.

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Man konfrontierte ihn mit den Behauptungen und er gestand.
Doch seine Tränen waren keine Entschuldigung für jene Tat, die er selbstsüchtig und völlig unbedacht begangen hatte.

Er ist eben auch nur ein Mensch.

Anders als man es vielleicht glauben mag, wünsche ich ihm jedoch nicht den Tod. Wahrscheinlich verachte ich ihn noch nicht einmal.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, so tut er mir vielleicht sogar einwenig leid.

Aber vielleicht versuche ich es mir nur einzureden, um ihr unnötiges Leiden zu verstehen.
Sinnlos, es ist alles sinnlos, wie man es auch dreht und wendet.

Ich legte auf.
 
Drei Tage später fand die Beerdigung statt. Niemand hatte mich dazu eingeladen, ich erschien ohne darum gebeten zu werden, denn ich wusste, sie hätte es so gewollt.
Ich suchte mir meinen besten Anzug heraus, von dem ich glaubte, er würde ihr gerecht werden und fuhr zum städtischen Friedhof.
Meine Trauer war grenzenlos und meine Verfassung, psychisch und physisch betrachtet, miserabel. Seit dem Anruf hatte ich nicht geschlafen, nichts gegessen und kaum gesprochen.
Ich war, wie man gern zu sagen pflegt, nur ein Schatten meiner selbst.

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Ich hatte nur nachgedacht und manchmal, da dachte ich an ein Lied.
Ich dachte es für sie und dann ertönte die stille, traurige Melodie in meinem Kopf und erzählte mir eine Geschichte – sie erzählte meine Geschichte.


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My mouth was a crib and it was growing lies
I didn't know what love was on that day
my heart's a tiny bloodclot
I picked at it
it never heals it never goes away

I would have told her then
she was the only thing
that I could love in this dying world
but the simple word "love" itself
already died and went away

This was never my world
you took the angel away
I'd kill myself to make everybody pay


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Selbst nach vielen Jahren überkommt mich von Zeit zu Zeit diese Melancholie.
Ich beginne in Erinnerungen zu schwelgen und vergesse dabei alles um mich herum.
Sie mag zwar fort sein, aber sie hat mir diese Sehnsucht da gelassen und ein Gefühl von Leere, das ich nie in der Lage sein werde zu füllen.
Ich weiß, sie liebte mich, wenn auch nicht auf die Art, wie ich es ihr gegenüber tat.
Vielleicht nur halb so sehr, vielleicht noch weniger, aber ich spüre, dass sie an jenem Abend kam, weil auch sie diese Sehnsucht empfand, die nun in mir haust.
Ich glaube das war es, was uns zueinander führte.

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Ich werde dich nie vergessen, mein Engel.

Ende


Der letzte Teil ist mir mit Abstand der liebste.
Ich weiß nicht wieso, aber das Lied "Coma Black" - welches mich auch zu dieser Geschichte inspiriert hat - berührt mich immer wieder, ob in gehörter oder geschriebener Form.

Ich danke allen, die mir so liebe Kommentare da gelassen habe.
Da hat das weiterarbeiten gleich doppelt soviel Spaß gemacht.
:)

Wünsche, was die kommenden Geschichten angeht, nehme ich gerne an.

Ebenso Kritik, Verbesserungsvorschläge - aber auch Lob sind gern gesehen. XD
 
Hi bin eben erst drauf gestoßen, supertolle FS, so wunderbar traurig....

simsekind schrieb:
Nicht? o_O
Ich finde ihn total scharf XD Die Tattoos, die Haare. Rrrr. :lol:
...

Danke fürs Lob.

Ganz meine Meinung, noch ein Grund deine FS zu lieben, mit Dean hast du genau meinen Geschmack getroffen, allein schon die Frisur ... *g*
yours Tzerha
 
Okay . Sie war kurz aber wundervoll . Aber dieser Dean , naja , irgendwie war der merkwürdig aber es war soooo traurig . Super Story .
 
ich bin überwältigt. diese FS ist echt der hammer! dein schreibstil ist sowas von gut! spannend, einfallsreich und vor allem finde ich es sehr gut, dass du die gefühle und gedanken so sau gut beschreibst :)(im gegensatz zu manch anderen, die eher einen platten und knappen schreibstil haben)
man lebt da ja richtig mit :)
ich hoffe du schreibst bald noch eine fs! ach quatsch... eine? ich will meeeehr!


bitteeee :D

achja.. und zum aussehen von dean muss ich jetzt auch noch mal nen kommentar abgeben: ich find der sieht gut aus!
einfach nur bombe. hrhrrr *fg* ;)

lG fanta :hallo:
 
derkeks schrieb:
schöne geschichte und toller schreibstil!! schreibsch du bals noch mal eine??? wär echt toll!! gruß keks

Du musst unser Forum noch mal mit einer so gefühlvollen Story erfüllen , stimmts ?
 
du musst weitermachen, ich bin total fasziniert! *ganz gespannt auf die nächste Geschichte ist*
 
Waaii danke euch allen, das mache ich gerne. Sehr gerne sogar. ^_^
Vor allem da bald die Ferien beginnen habe ich jede Menge Zeit an neuen Geschichten zu tüfteln.

Vielleicht treffen die Hauptpersonen dann auch den Geschmack derer, denen es Dean nicht so sehr angetan hat (was ich jedoch nicht nachvollziehen kann. Wenn der mir über den Weg laufen würde, ich würden...XD)

Idee und Wünsche und dergleichen sind natürlich gerne gesehen.

Ansonsten bedanke ich mich abermals artig bei euch, mit so viel Lob hätte ich nie und nimmer gerechnet.
 
Hi!

Ich habe diese Story verschlungen. So schön und so schön traurig.
Und die Gedanken/Gefühle so nachvollziehbar *schnüff* :heul:
Einfach wunderbar und fesselnd. Liegt vor allem an deinem Schreibstil, der einem durch einen Zauber in die Geschichte reinversetzt. Aber nicht als eine der Person, sondern als eine dritte. Eine art Zuschauer. Wirklich tollo ^^

*wink*

LG
Kitsche
 
simsekind schrieb:
Vielleicht treffen die Hauptpersonen dann auch den Geschmack derer, denen es Dean nicht so sehr angetan hat (was ich jedoch nicht nachvollziehen kann. Wenn der mir über den Weg laufen würde, ich würden...XD)

Ich würde ihn mir krallen und nach Hause schleppen +hrrrrrr+ Genau mein Typ :ohoh:
 
Die folgende Geschichte existiert so oder zumindest so ähnlich in rein schriftlicher Form. Ich habe nur einige Passagen ausgelassen oder gekürzt, um sie nicht allzu lang zu lassen.
Dennoch dürft ihr anders als bei der "Coma Black" Story mit einwenig mehr Text rechnen.
Ich hoffe einfach mal, dass es nicht allzu umständlich sein wird, sich durch das ganze Geschreibsel zu kämpfen und dass ihr trotzdem Spaß und Gefallen an der Story finden werdet.
Selbst wenn der Anfang es noch nicht wirklich verrät, es wird mal wieder um Liebe gehen - später.

Nun also viel Vergnügen mit


Wo die Träume wachsen


Wenn ein Mensch fähig ist zu lieben, dann liebt er bevorzugt sich selbst.
Alles andere sind Scheingefühle und eine Ablenkung vom eigenen Egoismus. Man schreibt einer anderen Person Wert zu, berücksichtigt aber
gleichzeitig im Hinterkopf, dass man selbst viel wertvoller ist.
Schenkt man einem Menschen Gefühle, so sind es nur Reste, die verwertet werden, weil sie in der Selbstliebe überflüssig sind.
Ich schreibe diese Zeilen, weil ich weiß, wovon ich spreche. Ich weiß, dass mein Vater mich nicht geliebt hat und ich weiß, dass auch ich
nicht fähig sein kann ihn zu lieben, weil ich genau wie er viel zu sehr damit beschäftigt bin, meine wertlose Existenz schön zu reden.


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Er legte in einem Anflug plötzlicher Hilflosigkeit den Stift beiseite, eher er etwas planlos zum Fenster schritt und hinaus blickte, um sich einwenig zu sammeln.

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Es war Winter, jedoch kurz vor Frühlingsbeginn und die letzten Schneeflocken versuchten sich auf den Scheiben breit zu machen.
Zum Glück brachten sie es nicht fertig eine dieser weißen, kalten Decken zu formen, die er so verabscheute. Dafür waren sie heute
einfach zu wenige gewesen.
Gut so, sagte er sich. Niemand braucht den Winter. Und er - er war sowieso schon immer viel mehr ein Sommertyp gewesen, was ihn nach
seiner Mutter kommen ließ und damit auch die einzige Ähnlichkeit darstellte.
In jeder anderen Hinsicht war er stets wie sein Vater gewesen. Angefangen vom Aussehen, über die schwarzen Haare und die dunklen Augen, bis hin zu seiner Vorliebe für Spaziergänge, Bücher und Modellflugzeuge.
Seine Mutter mochte das Lesen zwar ebenso gerne, aber er war sich sicher, dass sie mit nur halb soviel Leidenschaft an die Sache heran ging, wie er und sein Erzeuger es immer zu tun gepflegt hatten.

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Früher hatten sie gemeinsam vor dem Kamin gesessen, jeder ein Buch in der Hand. Eine Szene, die sich gut und gerne in irgendwelchen zweitklassigen Familienfilmen hätte so zutragen können. Sie hatte zu Erzählungen von Nicholas Sparks tendiert und war in seiner schnulzig-dramatischen Schreibweise regelmäßig versunken, während er selbst immer zu einem Märchenbuch gegriffen hatte. Damals durfte er es noch, damals war er erst acht und mit acht Jahren war genau der richtige Zeitpunkt um in eine jener Märchenwelten abzutauchen, aus denen man nur schwer wieder heraus kam und die einen für den Rest des Lebens prägen würden.

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Was seinen Vater anging - er hatte alles durch. Die letzten Monate seines tristen Lebens hatte er damit zugetragen, sich Sachbücher über europäische Gewächse anzutun, eher dieser von einem Auto zu Tode gefahren wurde.

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Ein sehr kläglicher Abgang, dachte er sich, während er die letzte Flocke vor seinen Augen passieren ließ und sich anschließend vom Fenstern abwandte.
 
Forsetzung von Seite 1

Und Schicksal? Ein leeres Wort, das höchstens in Begleitung von "Ironie" einen wahren Sinn erhält. Mein Vater, nehmen wir meinen Vater:
Er liebte den Winter und genau dieser richtete ihn auf der Straße hin, übernahm mit seinen kalten Krallen die Kontrolle über den Wagen des Menschen, der ihn als Jahreszeit sehr zu schätzen wusste und ließ ihn voller Boshaftigkeit gegen den wehrlosen Körper meines Vaters fahren.
Kann man guten Gewissens behaupten, dass in solchen Situation die Lächerlichkeit unseres Lebens zum Vorschein kommt?


Dann stand sie in der Tür.

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Er konnte den Gestank von Qualm und Alkohol vernehmen, er musste sich noch nicht einmal zu ihr umdrehen.
Selbst über sein Notizbuch gebeugt wusste er, dass sie wieder getrunken hatte und sich anschließend den tröstenden Qualm durch die Lungen zog, den sie seit dem Unfall seines Vaters statt Sparks´Geschichten konsumierte.

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"Ich habe dir heiße Schokolade gemacht", sagte sie. "Die hast du doch immer so gerne getrunken."
Und dann versuchte sie zu lächeln, weil sie wusste, dass heiße Schokolade nur wieder ein kläglicher Versuch war in die Hülle von Harmonie zu schlüpfen und der Realität die Tür zu weisen.

Schon damals hatte er heiße Schokolade verabscheut. Allein der Gedanke an diese ließ ihn grün anlaufen, aber als artiger Junge hatte er die braune Masse immer mit zusammengekniffenen Augen heruntergewürgt und sich jedes Mal noch dafür bedankt, weil sie ihn gelehrt hatten, dankbar zu sein.


Jetzt mit knapp siebzehn Jahren hatte sich an dieser Abneigung noch immer nichts geändert. Einzig und allein der Gedanke an das Ablehnen war ihm von Zeit zu Zeit gekommen, aber er brachte es einfach nie über das Herz ihr ihren Kakao auf ihre versoffene, kranke Visage zu kippen.


"Stell ihn ab, ich werde ihn mir holen sobald ich hiermit fertig bin." Und sein Ton war so lieblich, beinahe tröstend, dass ihr Tränen kamen und sie tat, was er ihr sagte.

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"Du bist ein guter Junge. Dein Vater wäre stolz auf dich."

Dies war eine Sache, die er ebenso wenig verstand, wie nachvollziehen konnte.
Dennoch sagte er nichts. Manchmal ist es besser die Dinge so zu lassen, wie sie nun einmal waren, dachte er sich.
Überhaupt dachte er in letzter Zeit sehr viel, aber kurz. Viel und kurz.
Es gab einfach immer etwas, worüber es sich nachzudenken lohnte, selbst wenn es um eine Tasse brauner, süßlicher Kacke ging.
Er hatte eine Weile gewartet und gehofft, sie würde nun endlich gehen, aber der Gestank nach Qualm und Hochprozentigem wich nach wie vor nicht aus seiner Nase, also musste er annehmen, dass sie immer noch anwesend war. Wahrscheinlich würde sie immer noch dastehen und ihn beobachten, eines ihrer erbärmlichen Lächeln aufsetzen und sich selbst dafür loben einen so prächtigen, guterzogenen Burschen auf die Welt gebracht zu haben.
Dein Vater wäre stolz auf dich, hallte ihm dabei unaufhaltsam durch den Kopf.
Merkwürdig aber, dass er es gerade dann war, seit er nicht mehr unter den Lebenden weilte und dann auch noch aus so banalen Gründen.
Weil er einen Kakao höflich annahm? Oder hatte es einen anderen Zusammenhang, über den er sich noch keine Gedanken machen wollte, so lange sie hinter ihm stand und ihre gelblichen Augen seinen Rücken fixierten.

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Er presste seine Hände auf sein Notizbuch, als hätte er Angst davor sie würde jeden Moment auf ihn zustürmen und es ihm aus den Händen reißen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja! es geht also weiter und das wirklich berauschend, aber irgendwie stimmt mich die Geschichte jetzt schon trauriger, als die vorige. Die Gedankengänge mit welchen der Junge Dinge aufnimmt und innerlich verarbeitet sind einfach wunderbar, man spürte die eisige Kälte, die zwischen den beiden herrscht, als wäre es plötzlich Winter! Wunderschön! Ich habe richtig Mitleid mit der Mutter bekommen. Die Grafik ist zwar nicht die allerbeste, aber ich finde zu dem Text ist sie sogar passend, leicht verschwommen udn konfus, also auch dafür beide Daumen hoch.
Weiter so!
 

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