~~~
Familie Cavendish
~~~
Sylvaine ist immer noch ziemlich wütend, als die drei Simas endlich wieder die schäbige Sicherheit ihrer Hütte am Randes des Waldes erreichen.
Sie kann und will nicht akzeptieren, dass Amber und Yivi auf einmal diesen Werwolf Mythos für bare Münze nehmen.
Ihnen müsste doch genauso wie ihr daran gelegen sein in ihr altes Leben zurück zu kehren.
Sie versteht es einfach nicht.
Die einzigen beiden Sims weit und breit und ausgerechnet die beiden, haben Angst vor irgendwelchen Ammenmärchen.
Ganz toll!
Zornig schnibbelt sie sich etwas Gemüse für einen Salat klein und macht absichtlich nur eine Portion für sich.
Pah! Wenn Amber und Yivi ihr nicht helfen wollen, bekommen sie eben auch keinen Salat ab.
Die beiden lassen sich nicht im geringsten von Sylvaines schlechter Laune beeindrucken, während Yivi das Holz im Kamin anzündet, macht Amber es sich mit einem der Werwolfbücher auf dem abgeranzten Sofa gemütlich.
Die beiden verhalten sich so als wäre alles in bester Ordnung und das treibt Sylvaine schier in den Wahnsinn!
Innerlich kochend vor Wut schlingt sie den Salat förmlich runter.
Sie versucht sich mit aller Gewalt dazu zu zwingen ihren Tobsuchtsanfall zu unterdrücken, da sie es sich nicht mit Yivi und Amber verscherzen will.
Egal wie sauer sie auch auf die beiden sein mag, sie sind ihre einzige Gesellschaft in dieser trostlosen Lage.
Noch nie ist es ihr so schwer gefallen sich zu beherrschen. Sie sieht einen roten Schleier vor ihren Augen tanzen und stellt schließlich entsetzt fest, dass sie die Kontrolle über ihren Speichelfluss verloren zu haben scheint.
Sie sabbert!
Und damit nicht genug ihr Speichel tropft auf ihr schickes Ensemble.
Das ist zu viel Demütigung für die verwöhnte Sylvaine.
Außer sich springt sie auf. "Mir ist ganz egal, was ihr beiden tut, aber ich werde mich jetzt zu dieser Hütte aufmachen. Und ich werde Luna mitnehmen. Ihr werdet mich nicht davon abhalten!"
"Sylvaine, warte!" ruft Yivi ihr erschrocken nach, doch Sylavine denkt nicht einmal im Traum daran zu warten.
Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht mit ihr und sie wird den Teufel tun und hier untätig herumsitzen, wenn es da draußen vielleicht die Chance gibt an Antworten zu kommen.
Gemeinsam mit Luna macht sie sich auf den langen Weg zu der einsamen Hütte, die sie vom Plateau des Berges aus erspäht hat.
Wenn nur dieses widerliche Jucken am ganzen Körper nicht wäre!
Wahrscheinlich hat sie sich in dieser einfachen Hütte irgendwas eingefangen.
Wohlmöglich Flöhe! Igitt!
Schaudernd setzt sie ihren Wort fort.
Die grobe Richrtung, in der sie gehen muss weiß sie zum Glück noch und dass obwohl sie nicht wirklich gut darin ist sich zu orientieren. Doch danach lässt sie sich von Luna leiten, denn deren feiner Hundenase entgeht nichts. Schon bald hat sie die Witterung von etwas angenommen. Hoffentlich die des Sims, der in der abgeschiedenen Hütte wohnt.
"Nur weiter, meine Süße", ermutigt sie die Hündin. "Bring uns zu dieser Hütte."
Irgendwann setzt die Dämmerung ein und feine Nebelschwaden ziehen auf, die sich wie ein Schleier über Büsche und Gräser legen.
Sylvaine beginnt zu frösteln und mit einem Mal ist sie sich nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee gewesen ist, einfach so drauf los zu marschieren.
Mittlerweile haben sie und Luna einen anderen Teil des riesigen Waldes betreten und hier ist es wirklich sehr finster und unheimlich.
Nervös blickt Sylvaine sich immer wieder um. Sie hat wieder das schrecklich Gefühl, dass sie beobachtet wird und mit einem Mal wird ihr ganz anders zumute.
Als es plötzlich im Unterholz direkt neben ihr raschelt, erschrickt sie so sehr, dass sie den Griff um Lunas Leine lockert.
Das nutzt die Hündin augenblicklich aus, um sich loszureißen und laut bellend im Unterholz zu verschwinden.
"Nein! Luna! Komm zurück! Lass mich nicht allein!" schreit sie dem Tier panisch hinterher.
Doch Luna hört nicht und schon bald ist ihr Bellen in der Ferne verklungen.
Nun ist Sylvaine mutterseelenallein im Wald.
Zitternd versucht sie sich selbst Mut zu zu reden und setzt zaghaft einen Schritt vor den anderen.
Um sich von ihrer Furcht abzulenken holt sie ihr Handy aus der Tasche und versucht eine Position zu finden, in der sie wenigstens einen Balken Empfang hat.
Doch leider vergebens.
Es wäre auch ein echtes Wunder gewesen mitten im tiefen Wald ein Mobilfunksignal zu empfangen.
Da sie viel zu sehr mit ihrem Handy beschäftigt gewesen ist, hat Sylavine gar nicht gemerkt, dass die einsame Hütte zum Greifen nah ist, bis sie beinahe in die Schilder gelaufen wäre, die am Rande des Pfads angebracht sind.
Ihr gefriert förmlich das Blut in den Adern als sie verständnislos auf die gemalten Bilder und hingeschmierten Warnungen in leuchtendem Gelb und Rot starrt.
Die Fratze eines unheimlichen Wolfes starrt hämisch zurück. Daneben steht "Achtung!" "Gefahr!" "Lauf um dein Leben!" und "Werwolfterritorium".
Nein... Das kann doch nicht sein... Das ist unmöglich...
Sylvaine ist wie erstarrt. Sie kann nicht fassen, was sie da liest.
Werwolfterritorium?
Bedeutet das etwa, dass diese Monster tatsächlich existieren und sie sich wie auf dem Präsentierteller in seinem Jagdgebiet befindet?
Sylvaine bricht regelrecht in Panik aus, als ihr bewusst wird, dass sie offenbar direkt dem Monster in die Arme gelaufen ist. Ihr Herz rast so schnell, als wollte es ihren Brustkorb sprengen und ihr bricht der kalte Schweiß aus.
Plötzlich fühlt sie sich von allen Seiten beobachtet. Sind da nicht etliche glühende Augenpaare, die sie gierig aus dem Unterholz anstarren bereit sie anzufallen?
Sie weiß nicht was sie tun soll. Ihr sonst so rational denkender Cavendish Verstand hat sich offenbar in Luft aufgelöst und wurde von einer so starken Panik abgelöst, dass sie unfähig ist zu handeln.
Dabei muss sie was tun, sie kann doch nicht hier bleiben, wo das Ungetüm jeden Moment aufkreuzen kann!
Und dann ist es zu spät. Sylvaine hat zu lange ihrer Panik nachgegeben und bemerkt zu spät, dass ein riesiger dunkelgrauer Werwolf mit stechendem Blick direkt auf sie zu kommt.
Sylvaine ist wie erstarrt und kann sich vor lauter Entsetzen keinen Millimeter mehr vom Fleck rühren.
Und der Werwolf kommt unaufhaltsam immer weiter auf sie zu, bis er direkt vor ihr steht und sie mit seinen gelben Tieraugen mustert.
Sylvaine entfährt ein leises Wimmern, als seine riesige Schnauze sich ihr nähert.
Oh Gott, ist das ihr Ende? Wird er sie gleich fressen?
Zu Tode verängstigt schließt sie die Augen. Sie will das nicht sehen. Sie will einfach nur das es schnell vorbei ist.
Doch der riesige Werwolf beschnuppert sie lediglich. Sie kann hören wie sich seine Nüstern blähen und ihren Geruch in sich aufnehmen.
Vorsichtig öffnet sie wieder ein Auge, als nichts weiter passiert, und starrt dem Biest direkt in die glühenden Augen.
Irgendetwas an ihm macht sie mit einem Mal richtig wütend. Warum sieht er sie so an? Fast schon mit einem wölfischen Grinsen?
Wie unverschämt!
"Was glotzt du so?" herrscht sie ihn an, beflügelt von ihrem Zorn.
Ein dröhnendes, heiseres Lachen ist die Antwort. "Du hast ja doch Schneid. Das gefällt mir. Ich wusste gleich, dass du etwas Besonderes an dir hast."
Besonderes? Was meint er damit? Kennt er sie etwa?
Ihre Augen verengen sich zu zwei schmalen Schlitzen. "Was meintst du damit? Hast du etwa etwas damit zu tun, dass ich hier in dieser Einöde gestrandet bin?"
Ein weiteres wölfisches Grinsen ist die Antwort. "Ja, das habe ich. Denn dich wollte unbedingt jemand aus dem Weg haben."
"Wie bitte?!?" Sylvaine schnappt entsetzt nach Luft, ehe sie voller Zorn die Hände zu Fäusten ballt. "Wer war das?"
Ihre Stimme zittert vor Wut. Wer in aller Welt könnte sich derart gegen sie gewendet haben?
Der Werwolf ist sichtlich amüsiert über ihre Empörung. "Das wüsstest du wohl gerne, was?"
"SAG ES MIR!!!" brüllt Sylvaine außer sich. Sie merkt gar nicht, dass sie von einem unheimlichen roten Glühen umgeben ist. Sie sieht nur noch rot vor Wut. In ihr ist ein flammender Zorn, der so mächtig ist, dass sie nichts dagegen tun kann. Die Wut verschlingt erbarmungslos jedes andere Gefühl und jeden klaren Gedanken.
Plötzlich sinkt sie zu Boden, auf alle Viere, weil sie derart wütend ist, dass sie es nicht mehr ertragen kann.
Sie fühlt sich so merkwürdig, so als würde ihr Körper ihr nicht mehr gehören. Ihr Blick wird schärfer, die Gerüche um sie herum werden derart intensiv, dass es nicht auszuhalten ist und ihre schönen, schmalen Finger ähneln mit einem Mal langen, scharfen Krallen.
Nein, nein, das kann nicht sein! Was geschieht mit ihr?
Was hat dieser Werwolf ihr nur angetan?
Als es vorbei ist, starrt Sylvaine fassungslos ihren neuen, biegsamen Körper an, der von einem weißen Fell bedeckt ist.
Oh nein! Sie ist wie er! Ein Monster! Eine Gestalt aus einem Horrorfilm!
Sie! Sylvaine Cavendish, Erbin eines unbeschreiblich großen Vermögens ist ein haariges, triebgesteuertes Biest!
Dieser verdammte Werwolf hat sie irgendwie auch in einen Werwolf verwandelt!
Ihr Zorn schwappt über und mit einem Aufschrei stürzt sie sich wie von Sinnen auf den großen, grauen Werwolf.
"Du elender Mistkerl! Was hast du mir angetan?!?"
Sylvaine fühlt sich so stark in diesem Körper und greift den Wolf mit Zähnen und Klauen an.
Sie teilt ordentlich aus, muss aber auch derbe einstecken.
Der riesige Graue ist scheinbar ein erfahrener Kämpfer, ein richtiges Alphatier, und schnell wird Sylvaine klar, dass es vielleicht eine dumme Idee war ihn einfach anzugreifen.
Und schließlich ist der Kampf vorbei.
Sylvaine liegt keuchend mit Schmerz verzerrten Gesicht am Boden und hält sich die Seite, wo eine Klaue des Grauen ihr tiefe Fleischwunden zugefügt hat.
Der riesige Werwolf lacht hämisch auf. "Hast du kleiner Welpe wirklich gedacht, dass du mich, den mächtigen Greg, mal eben so besiegen kannst? Ha! Lächerlich!"
Mühsam rappelt Sylvaine sich auf.
Sie fühlt sich derart gedemütigt, dass alles in ihr förmlich nach Vergeltung schreit.
Doch sie ist clever genug, um zu wissen, wann sie verloren hat.
Ohne sich noch einmal umzudrehen rennt sie keuchend davon, verfolgt von Gregs höhnischem Gelächter.
Sie würde es diesem Köter schon noch zeigen! Und dann würde er ihr den Namen des Verräters, der ihr dieses Schicksal aufgezwungen hat, auf einem Silbertablett präsentieren.
Sie würde lernen zu kämpfen und nicht eher ruhen, bis sie ihre Vergeltung bekommt!
An zwar an allen. Sie würden dafür bluten, was sie ihr angetan haben!
Aber erst einmal erscheint ihr der Rückzug die bessere Wahl zu sein.
Sie muss jetzt genau überlegen wie sie vorgehen soll und in Ruhe ihre Wunden lecken.
Und sie muss herausfinden, wie sie wieder sie selbst wird. Sie kann es kaum ertragen in dieser Wolfsform gefangen zu sein.
Dann scheint der Vollmond ihr direkt ins Gesicht und jeglicher vernünftige Gedanke ist wie weggeblasen. Das wölfische Ich übernimmt komplett und ab da hat Sylvaine keine Ahnung mehr, was sie da tut.
Während Sylvaines Bewusstsein zum Schutz vor der Wolfsraserei tief in sich ruht, und sie keine Ahnung hat wo sie ist oder was sie tut, geht die Wirkung des Vollmondes nicht spurlos an ihrenn beiden Mitbewohnerinnen vorbei.
Amber ist die erste, die diese feurig lodernde Wut verspürt, die sie innerlich zu zerfressen scheint.
Die unerträgliche Hitze zwingt sie direkt neben Yivis Bett in die Knie. Auf allen Vieren verwandelt sie sich schließlich in einen Wolf mit beigem Fell und fällt in ihrem Zorn über das erstbeste in ihrer Nähe, den antiquierten Computer, her.
Yivi wacht von dem Lärm auf, doch ihr bleibt nicht einmal Zeit Angst zu verspüren, denn auch sie wird von der feurigen Hitze verzehrt und kann nichts dagegen unternehmen, dass sie sich in eine braune Wölfin verwandelt, die nur noch einen Gedanken kennt: zerstören!
Sylvaines Wölfin ist unterdessen wieder beim Unterschlupf angekommen und wird prompt zur Begrüßung von einer höchst aggressiven Yivi begrüßt.
Doch das lässt sie sich nicht bieten.
Sie ist hier das Alphatier! Kein anderer!
Und das macht sie Yivi auch unmissverständlich klar.
Als der Vollmond über den Baumwipfeln in seiner vollen Pracht erscheint, zieht es die drei neu verwandelten Wölfinnen nach draußen.
Gemeinsam beginnen sie den Mond anzuheulen und verspüren das erste Mal das zarte Band, das aus ihnen ein Rudel macht.
tbc