10.Teil
Ahh... mein Kopf... er fühlt sich an als würde ein kleines Tier drauf sitzen und immer wieder draufhauen. Bum, bum, bum.

Ich streiche vorsichtig mit meiner linken Hand über den Hinterkopf und schrecke zurück, ich hatte warscheinlich noch nie so eine riesige Beule.
Aber von einem auf den anderen Moment werden meine körperlichen Bedürfnisse nebensächlich. Verdammt noch mal wo bin ich hier?

Meine Augen wandern über die Stäbe die mich einschließen, über das Polizeiauto das quer unter mir steht und über eine seltsame Ecke die aussieht wie aus einem schlechten "Dr. Frankenstein"-Cover.

Unter mir geht eine Tür auf und ich höre Schritte, instiktiv lasse ich mich zurücksinken und mache die Augen zu.
Möglichst flach atmen, flach atmen, immer flach atmen. Auf einmal sehe ich Isabelle vor mir. Ihr kleines unschuldiges Gesicht, die schwarzen langen Haare, ihre tapsigen Schritte und ich höre sie singen.

Eine Träne stiehlt sich unter meinen Wimpern hervor und sucht sich ihren Weg über meine Wange. Was ist, wenn ich hier in etwas wirklich schlimmes hineingeraten bin?
Es ist meine Schuld, das rumschnüffeln ist der Job der Polizei und nicht der irgendeiner Möchtegern Detektivin die keinen einzigen Kung Fu- oder sonstigen Handgriff kann um irgend jemanden außer Gefecht zu setzen.
Was ist wenn ich in diesem Käfig, und das war es in Wirklichkeit, sterben würde? An Unterernährung zum Beispiel?
Inzwischen sind die Schritte näher gekommen, immer noch irgendwo unter mir aber trotzdem näher.

Ich höre sie die Treppe hinaufsteigen und über den blechernen Steg zwischen dem Käfig und der Treppe gehen. Ein Karton wird umgestoßen, Fluchen. Nein, doch kein Fluchen. Kein Geräusch außer den Schritten, kein Wort, kein Atmen.

Vorsichtig öffne ich die Augen einen winzig-kleinen Spalt. "Hallo Avena."
Meine Muskel zucken unwillkürlich zusammen, diese eiskalte Stimme. Aber was hatte ich erwartet? Einen Clown und ein Empfangskomitee?
Und plötzlich wird mir bewusst in welcher Situation ich stecke.

Vielleicht sehe ich meine Familie nie wieder? Höre nie wieder Isabelles Gesang, wenn sie sonntags im Chor singt. Warscheinlich kommen Schmerzen und Angst auf mich zu. Doch die Angst muss nicht mehr kommen, sie ist bereits da. Sitzt tief in meinen Knochen, macht mich zu einem in die Enge getriebenem Hasen, dessen Augen hektisch umherschweifen und der trotzdem immer nur ins Licht blicken kann.

"Öffne die Augen, Avena. Ich sehe doch, dass du mich hörst."
