Hi
Soeben habe ich diesen Thread entdeckt und möchte mich als Betroffene mal dazu äussern. Ich habe nicht alle Beiträge gelesen, bitte daher um Verzeihung, falls ich etwas wiederhole.
Als erster und wichtigster Punkt möchte ich folgendes zu Bedenken geben: Der Rollstuhl ist ein Ersatz für die Beine, als solcher sollte er angesehen werden. Die wenigsten Rollifahrer sind geistig eingeschränkt, werden aber oft so behandelt.
Ich selbst habe erst mir ca. 35 Jahren einen Rolli bekommen, und ich musste lernen, damit (bzw. mit den Barrieren in der Umwelt) umzugehen.
In vielen Fällen ist weder die Behinderung selbst, noch der Rolli das Problem, sondern eben die Umwelt.
Einige Beispiele solcher Hürden:
- Stufen und Treppen
- Türen die schwer zu öffnen sind
- Aufzüge, die zwar vorhanden sind, jedoch zu schmal
- Gehsteige ohne Absenkungen
- fehlende Toiletten
- zu starke Steigungen
- zu schmale Rampen
- kein Zugang zum öffentlichen Verkehr (in der Schweiz jedenfalls)
- Bancomaten die zu hoch sind, jeder kann lesen, welchen Code man eingibt
- Schalter, die nicht unterfahrbar sind
diese Liste lässt sich noch fortsetzen.
Wichtig ist auch zu wissen, dass man nie für alle Rollifahrer sprechen kann! Ein/e Paraplegiker/in (Querschnittgelähmte/r) ist einiges selbständiger, als beispielsweise ein/e Rheumatiker/in. Die oberen Extremitäten sind sehr wichtig, da es einiges an Kraft braucht, sich in einem Rolli fortzubewegen.
Ich selbst habe einen Rolli mit Batterie und Motor in den Naben, da ich weder die Kraft, noch die nötige Gesundheit habe, diesen aus eigenem Antrieb zu bewegen.
Für Auslandsreisen habe ich einen "Personal Assistant", der den Rolli schiebt und sich um das Gepäck kümmert. Allerdings reise ich auch oft alleine, bin dann jedoch auf die Hilfe des Bodenpersonals angwiesen.
Was das lernen angeht:
Mancher hier denkt sich vermutlich, dass man da einfach reinsitzt und die Räder bewegt, damit hat sich's. Dem ist jedoch nicht ganz so, denn man sollte schon ein paar Dinge wissen, um sich in der Umwelt dann auch relativ frei bewegen zu können. Im Paraplegikerzentrum hier in der Schweiz ist es so, dass man ein sogenanntes "Fahrtraining" absolvieren muss. Erst wenn man einen sogenannten "Parcours", der einige verschiedene Hürden beinhaltet, absolvieren kann, ist man bereit für die "Welt draussen".
http://www.paranet.ch/sw15583.asp
Das manövrieren in einem Rollstuhl setzt genügend grosse Räume voraus, ein gewisser Radius zum wenden wird benötigt. So muss auch eine Wohnung den Mindestanforderungen genügen, damit man darin leben kann. Die Einrichtung muss ebenfalls bedacht werden, Möbel dürfen nicht im Weg stehen und Teppiche gehören nicht in eine rollstuhlgängige Wohnung.
Ueberhaupt ist auch der Bodenbelag sehr wichtig, nicht überall lässt es sich gleich gut fahren (Widerstand).
Nun gut, ich könnte noch sooooo viel schreiben, belasse es aber mal dabei. Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung, und es soll niemandem peinlich sein, denn eine Behinderung ist nichts unnatürliches und es ist besser zu fragen, als sich selbst ein vielleicht falsches Bild zu machen.
Hier noch ein paar weitere Links zum Thema:
http://www.barrierefrei-mobil.de/starnberg/inhalt.phtml
http://www.mis-ch.ch/index.htm
http://www.agile.ch/t3/
http://www.sahb.ch/
http://www.saeb.ch/de/aktuell/aktuell.asp
LG
Nef