
Sanft stiegen die Körper der Kinder weiter in die Höhe, bis sie schließlich knapp unterhalb der ausgestreckten Arme der Druiden und Priesterinnen zum Stillstand kamen.
Ein zarter, singender Ton lag plötzlich in der Luft. Um die Hände der Druiden und Priesterinnen bildeten sich kleine, zuckende Blitze, die an ihren Armen auf und ab liefen.

Sie sprangen auf die Kinder über, bevor sie verblassten und schließlich in ein schimmerndes Licht übergingen.
Und dann konnte ich es sehen – die ersten Andeutungen des zarten, weißen Schleiers, der sich in der Luft materialisierte.
Die Seelen der Kinder, die sich aus den blauen Lichtfunken in eine durchscheinende Version ihrer Körper verwandelten.


Sie wurden langsam und stetig klarer, bis endlich jedes einzelne Kind deutlich erkennbar war.
Ängstlich und orientierungslos schwebten sie über den leeren Hüllen, die einst ihre Körper gewesen waren.
Ich wusste genau, was als Nächstes folgen würde.
Gespannt wartete ich auf die ersten Anzeichen der gewaltigen Kraft, die alle am Ritual Beteiligten einengen und nahezu erdrücken würde.
Mehr und mehr Druiden und Priesterinnen konnte man ansehen, wie der sich immer weiter steigernde Druck ihnen den Atem zu nehmen schien.

Angst und Panik lag auf vielen Gesichtern, ihre Körper verkrampften oder begannen zu zittern.
Ein kurzes Aufleuchten des inneren Kreises, auf dem Shainara, Mártainn und Noreia standen; und die Druiden und Priesterinnen schienen Zuversicht und Vertrauen zurückzugewinnen.
Ihre Gesichter glätteten sich, ihre Körper entspannten sich etwas, sie atmeten ruhiger; und ich erinnerte mich daran, dass ich damals Shainaras Stimme in meinem Kopf gehört hatte, die mir versichert hatte, dass alles in Ordnung sei und was ich zu tun hatte.
Und dann sah ich die schwarzen Nebelschwaden aus dem Boden steigen und sich um die Beine der Priesterinnen und Druiden winden; wieder erinnerten sie mich an Schlangen oder knorrige, dürre Finger.


Sie krochen an den Druiden und Priesterinnen empor, schlangen sich um ihre Hüften, ihre Taillen, schließlich auch um ihre Arme und Hände.
Ich hörte das Keuchen, das Ringen um Luft, und wusste, dass die Gewalt, die sie alle zusammenzupressen schien, kaum noch zu ertragen war.
Der singende Ton hatte sich zu einem tiefen, fast unerträglichen Brummen gewandelt.
Und dann bäumte sich Artairs Körper auf, den Kopf weit in den Nacken gelegt, jeder einzelne Muskel schien bis zum Äußersten angespannt.
Angstvoll sah ich ihn an, sein Gesicht schien jede Farbe verloren zu haben.
Bange wartete ich, und jeder Moment schien sich zu einer Ewigkeit auszudehnen. Doch dann, endlich, sah ich, wie der silberne Lichtstreif um seine Hände zu kreisen begann.


Zuerst war es nur ein zartes Funkeln, doch es verstärkte sich rasch und nahm an Kraft, Farbe und Intensität zu.
Es wirbelte um seine Arme, wanderte über seine Brust und seine Taille. Überall, wo es auftauchte, wich der schwarze Nebel zurück und löste sich auf.


Es sprang über auf Mártainn, Shainara und Noreia und breitete sich dann rasch durch die Kreise und Strahlen des Kraftsterns aus.
Bald waren alle innerhalb der Kuppel in ein gleißendes, funkelndes Licht gehüllt; die Druiden und Priesterinnen genauso wie die Kinder selbst.


Und langsam, ganz langsam gewannen die Seelen der Kinder an Farbe und senkten sich auf die Körper herab.
Und dann kam jener Moment, in dem die Seelen ganz in die Körper einzutauchen schienen und der Druck keine Sekunde länger auszuhalten war – und ein blendender Lichtblitz fuhr durch Artair.

Er folgte den Linien des Kraftsterns, fuhr durch alle Druiden und Priesterinnen und auch durch die Kinder.
Er tanzte gefangen in den unsichtbaren Grenzen, die der Kraftstern und die Kuppel bildeten, und an der Art, wie die Priesterinnen und Druiden plötzlich nach Luft schnappten und geblendet blinzelten oder die Augen schlossen, konnte ich erkennen, dass der Druck mit einem Schlag verschwunden war.
Doch dann bildete der Lichtblitz plötzlich einen Ring, der vom äußersten Rand des Kraftsterns zurück nach innen wanderte.
Mit jedem Kind, das der Lichtkreis berührte, wurde er stärker, dichter und heller. Unaufhaltsam näherte er sich dem Zentrum des Kraftsterns.
Dem Punkt, auf dem Artair stand.


Und mir wurde klar, dass das die zurückschlagende Kraftwelle war, von der Shainara gesprochen hatte. Die sich ihren Weg zurück zum Ausgangspunkt bahnte.
Zurück zu Artair.
Und die den tosenden Schmerz und die Gewalt trug, die Artair töten würde, wenn sie ihn erreichte.
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