Ich merke da bei meinen Großeltern ziemliche Unterschiede. Ich würde meinen Opa nie als ausländer- oder judenfeindlich bezeichnen - denn
eigentlich ist er das nicht. Er gibt jedem eine Chance, er kommt mit jedem aus, er ist ein herzlicher Mann, der auf Leute zugeht, egal woher sie kommen und wer sie sind. Und trotzdem... Wenn er sich aufregt, dann hört man immer noch "da sind nur die Juden dran schuld" etc. pp. Und auch, in der Art und Weise, wie er z.B. über die NS-Zeit spricht, merkt man meinem Gefühl nach, dass er eben doch sehr stark durch die HJ geprägt worden ist.
Mein anderer Opa musste in die HJ, wollte das aber gar nicht - nachdem nämlich sein Bruder im Krieg gefallen ist. Der hatte sich freiwillig zur SS gemeldet und nachdem das passiert war, gab es in der kompletten Familie ein Umdenken. Meine eine Oma war Kriegsflüchtling - und bis zu ihrem Tod eine Seele von Mensch, die nie einen Unterschied gemacht hat zwischen Frauen/Männern, Ausländer/Deutschen, Reichen/Obdachlosen usw. Sie war einfach immer zu allen gleich gut. Die Eltern meiner anderen Oma waren regimekritisch und haben durchaus einiges riskiert (ich hätte sie gerne kennengelernt :-( ).
Dieses Stadt-/Landgefälle ist generell sehr ausgeprägt. Ich finde, hier in der Schweiz merkt man das wirklich richtig, richtig stark. Dort, wo keine Ausländer sind oder nur ein verschwindend geringer Teil, wird dermaßen rechts und ausländerfeindlich gewählt, während sich in den Städten das komplett entgegengesetzte Bild zeigt.
Ich denke, das hat vor allem damit zu tun, dass man die "Angst" vor etwas, das man als fremd empfindet, nur dann abbauen kann, wenn man aufeinander zugeht. Ich lebe hier als Deutsche mit einem Schweizer, nebenan eine Schweizerin, gegenüber ein Mann aus dem Iran mit seiner Familie, im restlichen Haus zwei Spanier, zwei Chinesen, eine serbische Familie, eine Russin, ein weiterer Deutscher. Gegenüber Afghanen, Franzosen, Österreicher, Italiener... Vor Kurzem wurde ich zum ersten Mal Zeugin einer türkischen Hochzeit - weil sie auf der Straße die Braut in Empfang genommen haben und es war
so toll. So viel Lebensfreude und so viel Herzlichkeit. Und wenn ich dann daran denke, dass da irgendeiner in seinem 200-Seelen-Dörfchen sitzt, wo das höchste der Gefühle mal ein Tourist ist, der dafür aber dann ständig die Angstmache gewisser Leute im Ohr hat und gar keinen Gegenvergleich hat, weil er das andere einfach gar nicht kennt...
/Edit: Ups, sorry, deinen Edit habe ich jetzt zu spät gesehen
