Hat dann doch etwas länger gedauert mit der Bildbearbeitung (tut es das nicht immer?

), aber jetzt bin ich endlich fertig.
Für alle, die es oben nicht gelesen haben - ich habe die
Inhaltsangabe der Kapitel auf den neuesten Stand gebracht.
Falls jemand vor dem neuen Kapitel noch eine kurze Zusammenfasung lesen möchte - das Posting ist
hier.
Und jetzt wünsche ich euch viel Spass!
„Du wirst keinen Fuß aus diesem Bett setzen, bis ich es Dir erlaube."
Mit verschränkten Armen stand Artair vor meinem Bett und sah grimmig auf mich herab.
Seine Stimme klang unbeugsam, und zähneknirschend ließ ich mich zurücksinken.
Ich hatte das Gefühl, dass die Wände meiner Kammer im Palast von Caer Mornas jeden Tag näher rückten und mich zu erdrücken drohten.
„Mir geht es gut!" , protestierte ich, aber Artair blieb ungerührt.
Schließlich seufzte er, setzte sich zu mir auf die Bettkante und ergriff meine Hand.
Sanft strich er mit seinem Daumen über meine Fingerkuppen.
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„Versteh doch" , sagte er leise.
„Ich will kein Risiko eingehen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn Dir etwas passieren würde."
Müde schloss ich die Augen. Was konnte ich dem schon entgegen setzen?
„Mir geschieht schon nichts, Artair" , sagte ich schließlich.
Ernst sah ich ihn an.
„Wann willst Du aufbrechen? Die Zeit wird knapp."
„Sobald Shainara und die Priesterinnen hier eingetroffen sind" , antwortete er.
„Ich will nicht noch mehr Männer aus Caer Mornas abziehen."
„Du hast mehr Wachen aufgestellt, seit wir zurück sind. Überall. Selbst hier im Palast."
Fragend sah ich ihn an.
Zögernd nickte er.
„Als wir zurück kamen, musste ich feststellen, dass jemand in meine Beratungskammer eingedrungen ist" , sagte er langsam.
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Erschreckt setzte ich mich auf. „Wurde etwas gestohlen?"
„Nein, es hat nichts gefehlt, soweit ich sehen konnte. Es war nur alles durchwühlt und aus den Regalen gerissen.
Ich bewahre dort sowieso nicht viel von Wert auf."
Er schwieg einen Augenblick.
„Das einzig Unersetzliche dort ist die Krone meiner Mutter."
Nachdenklich fuhr er sich über die Stirn.
„Zuerst bin ich davon ausgegangen, dass es nur ein Einbruch war" , sagte er langsam.
„Aber etwas fühlt sich… seltsam an. Noch nie, solange ich zurückdenken kann, ist jemand in die Beratungskammer des Königs eingedrungen. Und je mehr ich darüber nachdenke…"
Zweifelnd kniff er die Augen zusammen und sah mich an.
„Runcal hat mich nach der Krone gefragt. Mehrfach. Damals, als ich ein Kind war; und jedes einzelne Mal, wenn er zu Besuch kam."
Ich runzelte die Stirn; etwas regte sich in meiner Erinnerung.
Und dann fiel es mir ein, und ich fuhr auf.
„Er hat auch mit mir über die Krone geredet" , stieß ich hervor.
„Was?" Überrascht sah Artair mich an.
„Was wollte er wissen?"
„Er wollte eigentlich nichts wissen" , erwiderte ich langsam.
„Er hat
mir etwas über die Krone erzählt. Diese… Sache mit den Tränen der Götter."
Unsicher sah ich Artair an.
Und dann durchströmte mich ein eisiger Schrecken.
„Ich habe es ihm gesagt" , stieß ich hervor. „Wo du die Krone aufbewahrst."
Ich barg mein Gesicht in den Händen.
„Den Göttern sei Dank, dass er sie nicht gefunden hat" , sagte ich tonlos.
„Sie war nicht dort" , erwiderte Artair ruhig.
„Sie ist beim Goldschmied."
Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen.
Natürlich. Ashvanas Krone war sicherlich zu groß für Ariadnas winziges Köpfchen.
Langsam legte ich meine Hände in den Schoß.
„Was plant er wohl?"
„Da wage ich keine Vermutung" , erwiderte Artair.
„Ich habe niemals verstanden, wie er denkt."
Wir schwiegen beide einen Moment.
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„Was will er nur mit der Krone deiner Mutter?" , sagte ich dann nachdenklich.
Nachdem Artair gegangen war, stand ich vorsichtig auf und ging langsam auf den Balkon.
Ich hatte noch Schmerzen, obwohl meine Wunde unerklärlich gut verheilte.
Die Heiler standen vor einem Rätsel.
Mir war natürlich klar, warum es so war; aber das würde wohl auf ewig mein Geheimnis bleiben.
Ich sog die kalte, klare Luft ein, so tief es mir möglich war, und starrte in den Garten.
9
Schuldgefühle plagten mich.
Was hatte ich
Ihm noch alles verraten, ohne mir dessen Bedeutung überhaupt bewusst zu sein?
Unbehaglich senkte ich den Kopf.
Ich wollte nicht darüber nachdenken. Meist verdrängte ich jeden Gedanken an
Ihn.
An Runcal.
Diese letzte Begegnung, von der ich mir nicht mal sicher war, ob sie tatsächlich stattgefunden hatte oder nur eine Ausgeburt meiner Fieberträume war, hatte mich mehr verletzt, als ich zuzugeben bereit war.
Die Kälte in seinen Augen, die Härte seiner Worte.
Eine Bewegung im Garten erregte meine Aufmerksamkeit, und ich war dankbar für die Ablenkung; als ich jedoch sah, wer dort unten ging, runzelte ich die Stirn.
Ariadna hatte ihre Hand auf Brayans Arm gelegt, sie sah zu ihm auf und strahlte ihn an.
Die beiden durchquerten den Garten und verschwanden im Kreuzgang.
Unmut machte sich in mir breit.
Seit wir zurück waren, suchte Brayan jeden Tag Ariadnas Gesellschaft; und ich hatte keine Ahnung, warum er das tat.
Als ich Ceilith in meiner Kammer hörte, die sich offenbar an meinem Bett zu schaffen machte, verließ ich den Balkon und ging zurück in mein Gefängnis.
„Ceilith" , sagte ich,
„Du musst wirklich nicht andauernd mein Bett richten."
„Es ist bequemer für Euch, wenn es glatt ist" , erwiderte sie, aber ihre Stimme klang dumpf, und sie hielt ihr Gesicht abgewandt.
Ich trat näher heran, legte meine Hand unter ihr Kinn und zwang sie, den Kopf zu heben. Sie hatte geweint.
„Ceilith" , sagte ich erschrocken, „was ist geschehen?"
Sie zögerte.
„Es ist nichts" , sagte sie dann, und ich sah sie streng an.
Ich konnte sehen, wie sie mit sich rang, aber dann schien sie einen Entschluss zu fassen.
„Es geht um meine Schwester" , sagte sie betrübt.
„Deine Schwester?" , fragte ich.
„Die, die du großgezogen hast?"
Sie nickte.
„Ihr wisst ja, dass die Frauen in meiner Familie nicht sehr fruchtbar sind. Ich habe nur Braigh, und meine Mutter hatte lange Jahre nur mich, bis sie völlig überraschend doch nochmal schwanger wurde.
Sie ist bei der Geburt gestorben, und so habe ich für meine Schwester gesorgt."
„Ist deiner Schwester etwas zugestoßen?" , fragte ich, und erleichtert sah ich, dass Ceilith den Kopf schüttelte.
„Nein" , sagte sie, „es geht ihr gut. Aber sie ist schwanger.
Sie hat lange darauf gewartet und ist so glücklich darüber, aber sie hat auch furchtbare Angst."
Das konnte ich mir gut vorstellen.
„Dann besuch sie doch" , schlug ich vor.
Ceilith senkte den Kopf.
„Sie lebt in Caer Umran" , sagte sie leise.
„Nun ja" , sagte ich.
„Das ist in der Tat etwas weiter weg als eines der umliegenden Dörfer, und die Zeiten sind unsicher, aber wenn du dich einem Händlertroß anschließt…"
„Eine Gruppe Händler will heute Abend nach Caer Umran aufbrechen" , fiel sie mir ins Wort.
„Sie haben Wachen angeheuert, gute Männer, wie Uisdean sagt."
Ratlos sah ich sie an. „Worauf wartest du dann noch?"
„Ich kann Euch doch nicht allein lassen, Herrin", sagte sie.
„In Eurem geschwächten Zustand. Jemand muss sich doch ordentlich um Euch kümmern."
„Das ist doch Humbug, Ceilith" , erwiderte ich.
„Ich bin sehr gut in der Lage, allein auf mich aufzupassen. Selbstverständlich wirst du deine Schwester besuchen."
„Ich passe auf sie auf. Ich werde ihr die Windeln wechseln" , hörten wir eine Stimme von der Tür.
Wir sahen auf. Brayan, der offenbar das Lustwandeln an Ariadnas Arm aufgegeben hatte, hatte meine Kammer betreten und den letzten Satz gehört.
Ich rollte mit den Augen.
„Damit ist es abgemacht, Ceilith. Ich will nichts mehr hören."
Immer noch lag Zweifel in Ceiliths Blick, aber Brayan lächelte ihr aufmunternd zu, und schließlich erwiderte sie zaghaft sein Lächeln.
„Dann werde ich alles vorbereiten" , sagte sie, und sie wandte sich zum Gehen.
Rasch griff ich nach ihrem Arm, und überrascht drehte sie sich wieder um.
Zögerlich sah ich sie an, dann zog ich sie entschlossen in eine feste Umarmung.
„Gute Reise, Ceilith" , flüsterte ich.
„Sei vorsichtig. Und danke."
Ceiliths Augen schimmerten feucht, als ich sie aus der Umarmung entließ.
„Ich habe zu danken, Herrin" , sagte sie leise, dann verließ sie das Zimmer.
Ich räusperte mich, dann fuhr ich zu Brayan herum.
„Und jetzt zu Dir. Du wirst mir gar nichts wechseln, hörst Du?"
„Uhhh!"
Brayan hob die Hände und wich in gespieltem Erschrecken ein paar Schritte zurück.
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„Was ist Dir denn über die Leber gelaufen? Das kann nicht nur daran liegen, dass Du hier eingekerkert bist."
„Lass mich bloß in Ruhe" , knurrte ich.
„
Ein hilfloses Häschen, das Du betüddeln kannst, sollte Dir doch wohl genügen."
Ich hörte selbst, wie kindisch und beleidigt ich mich anhörte.
„Redest Du etwa von Ariadna?" fragte Brayan verblüfft, und ich verschränkte die Arme und sah ihn grimmig an.
„Du verbringst sehr viel Zeit mit ihr, seit wir zurück sind."
„Du lieber Himmel, Neiyra."
Brayan klang auf einmal sehr ernst.
„Ich helfe ihr. Sie fühlt sich im Moment ziemlich allein und auch überfordert.
Es wird von ihr erwartet, dass sie bereits einige Verpflichtungen übernimmt, die sie als zukünftige Königin haben wird, und sie hat keine Ahnung von all dem.
Ich begleite sie, wenn es meine Zeit erlaubt, und versuche, ihr ein wenig beizustehen und die Sache leichter für sie zu machen."
Beschämt sah ich ihn an.
„Es tut mir leid, Brayan" , sagte ich und warf mich in seine Arme.
„Entschuldige bitte. Ich bin einfach schrecklich."
Ich war wütend auf mich selbst.
Ich hatte gesprochen, ohne nachzudenken; abgesehen von der kindischen Ungerechtigkeit gegenüber Ariadna wusste ich doch genau, dass Brayan anders für sie empfand als ich.
Und das letzte, was ich wollte, war, Brayan zu verletzen. Schließlich litt er genauso unter der Situation wie ich.
Brayan strich mir tröstend übers Haar und gab mir einen raschen Kuss auf die Nasenspitze.
„Es wird wirklich Zeit, dass Du hier raus kommst" , grinste er.
„Du bist ja noch unausstehlicher als sonst."
An diesem Abend lag ich Stunden im Bett und fand keinen Schlaf, und schließlich hatte ich genug.
Wenn ich noch einen Augenblick länger in dieser Kammer bleiben würde, würde ich anfangen zu schreien.
Vorsichtig kletterte ich aus dem Bett und schlüpfte in meinen Morgenmantel.
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Nur ein paar Schritte auf dem Korridor, rechtfertigte ich mich vor mir selber,
nur kurz etwas anderes sehen als diese Kammer.
Leise öffnete ich meine Tür und trat einen Schritt in den Gang hinaus, und dabei fiel ich beinahe über eine kleine Gestalt, die sich bückte und etwas auf meiner Türschwelle ablegen wollte.
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Erschreckt suchte ich Halt am Türrahmen, und als die Gestalt sich aufrichtete, erkannte ich im flackernden Licht der Fackeln, wer da vor meiner Tür stand.
„Noreia!" , rief ich überrascht.
„Ihr seid echt?"
Noreia würdigte dies keiner Antwort.
Sie bückte sich erneut, hob auf, was sie auf die Türschwelle gelegt hatte, und legte es mir in die Hand.
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Es war ein zierliches Armband aus Leder, fein bestickt und mit winzigen, kostbaren Perlen verziert.
Es war wunderschön, und ehrfürchtig strich ich mit den Fingerspitzen darüber.
„Die Menschen des Alten Volks entsenden Euch dies" , sagte Noreia.
„Warum?" , fragte ich verblüfft.
Noreia sah mich nur an.
„Erzählt Shainara, was ihr gesehen habt" , sagte sie schließlich.
„Aber ich habe doch gar nichts gesehen!"
„Und sagt ihr, dass wir dort sein werden."
„Wo?" , fragte ich verwirrt, aber wieder bekam ich keine Antwort.
Noreia wandte sich ab, um zu gehen, aber dann drehte sie sich nochmal um.
„Ihr müsst in Euren Träumen nach ihm suchen."
Sie ergriff meine Hände und sah mich an.
Ich fühlte, wie mir unter ihrem intensiven Blick ein Schauer über den Rücken rann.
„Das ist wichtig, hört Ihr?"
Sie zögerte einen Moment, aber dann sprach sie weiter.
„Und ihr müsst wissen – ihr werdet es schaffen. Ihr werdet eure Aufgabe bei dem Ritual erfüllen, es wird Euch gelingen.
Ihr seid der Anker, der Kern. Ihr seid die, die kommen soll."
Sie löste ihre Hände von meinen und legte den Kopf schief.
„Und jetzt geht wieder zu Bett" , sagte sie streng.
Sie verneigte sich tief vor mir, dann wandte sie sich um und ging durch den Gang davon.
Ratlos und verblüfft sah ich ihr nach, und dann ging ich widerspruchslos zu Bett.
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