Hallo ihr Lieben!
Soo, nun das versprochene, große Update!
Heute geht es um jemanden, den ihr schon kennt und um eine Familie, die ihr aber noch nicht kennt. Ich nehme nicht viel vorweg, das Update dürfte für sich sprechen. Ich hoffe euch gefällt es und ihr habt Spaß dabei, oder neue Dinge, die euch zum Denken anregen könnten ^^ :3
--------
Das war ja klar! Gestern Abend hat mein Chef mich in sein Büro zitiert, mir dort ein paar Zettel in die Hand gedrückt und mir mit einem breiten Lächeln erklärt, welche Aufgabe er mir als nächstes zugedacht hat. »Moni, du wirst das schon machen«, hat er gesagt. »So eine Chance kriegen wir nur einmal im Jahr! Geh zu dieser Veranstaltung und schreib alles darüber auf. Jede Kleinigkeit, hörst du? Wenn du dich anstrengst, springen vielleicht ein paar exklusive Informationen für uns raus!«
Er war vollkommen euphorisch und ich dummes Schaf habe mich von seiner Aufregung anstecken lassen und zugesagt. Ich weiß im Nachhinein ehrlich nicht, was mich da geritten hat, denn eigentlich bin ich alles andere als scharf darauf, den Schwarzdorns zu begegnen. Ich habe nicht nur vor der Familie wahnsinnigen Respekt, sondern auch vor dem Anwesen: Es ist so richtig, richtig gruselig.
Und jetzt stehe ich hier. Der Regen prasselt in Sturzbächen auf mich hinab, seitdem ich vor ein paar Minuten das Taxi verlassen habe. Natürlich habe ich auch meinen Schirm zu Hause vergessen und bin dem grausigen Wetter daher schutzlos ausgeliefert.
Hinter mir kracht etwas. Erschrocken fahre ich zusammen, sehe mich hektisch um - und registriere allmählich, dass jemand eine Autotür hinter mir zugeschlagen hat. Erleichtert atme ich auf und klammere mich an den Gedanken, dass ich heute Abend wenigstens nicht alleine sein werde, wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm. Wenn noch andere Leute da sind, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass ich einfach verschwinde oder in irgendeinem geheimen Folterkeller ende.
Ich setze meinen Weg fort und bemerke das alte Tor, das für gewöhnlich ungebetene Gäste davon abhält, das Grundstück zu betreten. Dieser Ort wirkt wirklich alles andere als einladend... Auf dem aus Stein gemauerten Bogen hockt etwas, das aussieht wie ein Dämon; eine Schreckensgestalt aus einer anderen Dimension.
Ich spiele mit dem Gedanken, einfach umzudrehen. Ist das hier eine Ankündigung dessen, was mich im Inneren der Burg erwarten wird? Ich halte einen Moment inne. Dienen diese Gargoyles nicht eigentlich dazu, die bösen Mächte von Gebäuden fernzuhalten?
Langsam werde ich ruhiger, obwohl ich direkt zu diesem Ding hinaufsehe, das auf mich hinab starrt und mit seinen kleinen, gemeinen Augen von Kopf bis Fuß zu mustern scheint.
Dann erhellt ein Blitz die Nacht und ich blicke direkt in sein widerwärtiges, fratzenhaftes Gesicht. Lacht er mich aus, weil ich den Bewohnern des Hauses in die Falle gegangen bin? Oder will er, dass ich verschwinde?
So ein Unfug, denke ich mir und rufe mir ins Gedächtnis, dass ich eine vernünftige, erwachsene Frau bin und kein kleines Mädchen, das sich von Gruselgestalten Angst einjagen lässt. Ich habe eine Mission zu erfüllen und daran wird mich niemand hindern, schon gar keine steinerne Figur!
Ich nehme allen Mut zusammen, öffne das Tor, das wider Erwarten nicht quietscht, und trete hindurch. Der Anblick, der sich zu meiner Rechten bietet, lässt mich erschaudern. Deutlich heben sich steinerne Bögen vor einer Ruine ab, die von engen Tunnelgängen durchzogen ist und mir die Sicht auf die komplette nördliche Seite der Burg versperrt.
Wohin diese Wege wohl führen?
Dieser Teil des Schlosses muss vor Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten zusammengefallen sein. Die Bruchkanten wirken, als wären sie schon lange Zeit der Witterung ausgesetzt und daher schätze ich, dass sie wohl sehr alt sind. Bei meinen Recherchen (die die halbe Nacht gedauert haben!), bin ich nur über eine Beschreibung aus den 1970ern gestolpert. Sie deckt sich mit dem, was ich nun vor mir sehe.
Soweit ich weiß, lebte die Familie damals bereits im Schloss. Plötzlich, von heute auf morgen, verschwanden die Schwarzdorns jedoch und niemand wusste, weshalb. Sie sind erst vor einigen Jahren wieder zurückgekehrt.
Ich weiß, dass mein Chef darauf hofft, dass ich etwas über den Grund für das unvorhergesehene Verschwinden der Familie herausfinde, ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ich die Details wirklich erfahren möchte. Allerdings werde ich mir von ihm einiges anhören dürfen, wenn ich einer heißen Spur nicht nachgehe.
Für das Schloss interessiert er sich auch, aber ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass meine Neugier die wesentliche Triebfeder dafür sein wird, die Geheimnisse dieser alten Mauern zu lüften. Vielleicht kann ich die Burg nachher auf eigene Faust erkunden; später, wenn niemand auf mich achtet, weil die ersten Gäste schon wieder gehen...
Ich reiße mich von dem Anblick der geheimnisvollen Gänge los, die mir einerseits so verlockend erscheinen und mir andererseits einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Wer weiß schon, was sich hinter ihnen verbirgt?
Nachdenklich setze ich meinen Weg fort. Links von mir bemerke ich einen riesigen Baum, der mit seinen weit ausladenden Ästen, seinem großen Wuchs und dem beeindruckenden Wurzelwerk wahrhaft majestätisch wirkt. Allerdings vermute ich, dass er schon bessere Zeiten gesehen hat, denn während die umliegenden Bäume und Büsche noch immer ein mehr oder weniger farbenprächtiges Blattwerk tragen, ist er vollkommen kahl.
Wie interessant es doch wäre, könnten Bäume ihre Erinnerungen teilen! Sie haben so viel mehr erlebt, als wir es jemals durch archäologische Funde, durch Schriftstücke oder Erzählungen erfahren können; als stille Beobachter über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg, als stumme Zeugen der Geschichte.
Ich schüttle den Kopf, als mir klar wird, was für ein abstruses Zeug ich mir gerade zusammenspinne.
Bäume haben kein Bewusstsein! Sie können weder denken, noch können sie sich erinnern! Es sind Bäume, Monica, Herrgott nochmal!
Plötzlich wird mir bewusst, dass ich unpünktlich sein werde, wenn ich die Umgebung weiterhin so eingehend studiere. Deswegen lasse ich (schweren Herzens!) den nächsten Bogen einfach Bogen sein und gehe ohne Umweg auf das Anwesen zu.
Es ist nur spärlich beleuchtet. Links vom Eingang glaube ich in der Dunkelheit einen alten Turm zu erkennen, der in sich zusammengefallen ist. Aber weil ich mir vorgenommen habe, mich nicht ablenken zu lassen, wende ich meinen Blick ab und entdecke schon wieder diese seltsamen Figuren: kleine Dämonen, die das Böse fernhalten sollen. Aber sind sie nicht vielleicht doch eine Warnung für alle Fremden, sich dem Anwesen nicht zu nähern?
Ich weiß es nicht, doch ich besitze eine Einladung! »Ich bin erwünscht! Ich bin erwünscht, ich bin erwünscht!«, sage ich mir mehrfach selbst, damit ich es auch glaube.
Ich bleibe trotzdem noch einen Moment draußen stehen, weil ich mich einfach nicht dazu durchringen kann, hineinzugehen. Irgendetwas hält mich einfach davon ab! Ob es vielleicht doch diese kleinen Dämonen sind, die ihresgleichen fernhalten wollen?
Aber halt! Ich bin ja gar kein Dämon! Um ein Haar fange ich an zu kichern, weil mir meine Gedankengänge immer abstruser vorkommen.
Stell dich nicht an wie eine dumme Gans und geh endlich!
Ich beschließe, Haltung zu bewahren, und schiebe die schwere Eichentür auf. Etwas Gutes hat die Angelegenheit ja: Ich werde nicht weiter im Regen herumlaufen müssen. Ich hasse es nass zu werden!
An die kalten Temperaturen, die in Deutschland schon Ende Oktober herrschen, werde ich mich wohl nie gewöhnen. Der November naht und man kann regelrecht dabei zusehen, wie die Natur sich auf den Winter einstellt und auf Sparflamme schaltet. Die Nächte brechen früher herein, häufige Regenfälle vernichten das malerische Idyll eines »goldenen Oktobers« und dann erst dieser Nebel! In den Wäldern muss man in dieser Jahreszeit auf alles gefasst sein, denn die trübe, wabernde Suppe lauert hinter nahezu jeder Kurve und raubt einem die Sicht. Nein, der deutsche Herbst ist einfach nichts für mich! Ich stamme aus einem kleinen Dorf in Italien, das direkt an der Küste der Adria liegt. Jedes Mal, wenn ich mit eiskalten Fingern und nassen, halb erfrorenen Zehen nach Hause komme, frage ich mich, weshalb ich das milde Klima freiwillig gegen diese Kälte eingetauscht habe...
Ich bin erleichtert, als ich das Innere des Anwesens betrete und mir nichts entgegenschlägt, außer wohliger Wärme. Das Gemäuer ist keineswegs so kalt und unfreundlich, wie ich zuvor vermutet habe! Vielleicht lodert in einem der angrenzenden Räume ein verlockendes Kaminfeuer... Dennoch zittere ich, denn meine Kleidung ist feucht und klamm. Es wäre vermutlich besser gewesen, ich hätte mich gegen den offenherzigen Overall entschieden und außerdem eine Jacke mitgenommen, doch diese Einsicht kommt zu spät.
Wahrscheinlich hast du nur nicht damit gerechnet, mehr als ein paar Minuten vor dem Haus herumzustehen, schießt es mir durch den Kopf.
Weil du das Anwesen schon auf den Fotos gruselig gefunden hast und noch vor ein paar Stunden der Meinung warst, das alles hier so schnell wie möglich hinter dich bringen zu müssen.
Es dauert nicht lange, da kehrt die alte Unruhe zurück, denn mir wird bewusst, dass ich mich vor dem Anwesen selbst zwar gegruselt, vor den Gastgebern hingegen regelrecht gefürchtet habe, bevor ich hergekommen bin. Baronin und Baron Schwarzdorn sind nicht gerade für ihre Gastfreundschaft bekannt. Als Angehörige der High Society geben sie sich für gewöhnlich nicht mit uns Normalsterblichen ab und sobald sich jemand dem Zugriff der Presse, der Gesellschaft entzieht, entstehen schnell Gerüchte... Die Familienmitglieder gelten als unnahbar, da sie sich kaum in der Öffentlichkeit zeigen, wie auch schon ihre Vorfahren.
Trotzdem kann niemand mit Bestimmtheit etwas Schlechtes über die Schwarzdorns sagen. Ganz im Gegenteil! Einmal im Jahr, so wie heute, organisieren sie eine Wohltätigkeitsveranstaltung auf ihrem Anwesen. Wenn sie öffentlich in Erscheinung treten, dann um bekanntzugeben, für welche gemeinnützigen Projekte sie sich aktuell engagieren - vielleicht in der Hoffnung, dass andere Leute sich ihnen anschließen mögen.
Vermutlich ahnen sie jedoch, dass all die Möchtegern-VIPs, die Schönen und Beliebten, die Chefs und Vorstände kleinerer und größerer Unternehmen und Vereine nicht alljährlich an dieser Veranstaltung zusammenkommen, um das soziale Engagement der Schwarzdorns zu unterstützen. Vielmehr hoffen sie wohl, sich die Gunst der reichsten Familie Greiffensteins zu sichern - und damit mehr Geld und mehr Einfluss.
Ich zucke zusammen, als die Eingangstür krachend ins Schloss fällt. Hastig drehe ich den Kopf und sehe über meine rechte Schulter, um zu erfahren, wer sich so lautstark angekündigt hat, und... ich blinzle irritiert.
Bilde ich mir das ein, oder... Nein. Er ist es tatsächlich! Christiane und Richard Schwarzdorn haben, soweit es mir bekannt ist, drei Kinder: die Zwillinge Daphne und Dante, sowie Samuel, der jünger ist als seine Geschwister. Er ist derjenige, der soeben den Raum betreten hat; er und niemand anderes!
Er wirkt genervt, streicht mit den Händen über seine regennasse Kleidung, seinen Nacken und seine tropfenden Haare, bevor er leise flucht. Er scheint sich wegen des Sauwetters zu ärgern.
Plötzlich sieht er auf und taxiert mich. Stumm beobachten wir uns einen Moment lang gegenseitig. Ich schlucke, denn ich beginne, mich in seiner Gegenwart unwohl zu fühlen. Sein Blick ist so stechend und kalt! So irritierend ... Ich spüre das Verlangen, etwas zu sagen, um das Schweigen zu brechen, das die Situation zunehmend unangenehmer macht, doch über meine Lippen kommt kein einziger Laut. Schließlich dreht er sich herum und verschwindet hinter einem roten Vorhang ins Nebenzimmer.
Diese Chance hast du verpasst...
Verärgert über mich selbst, sehe ich ihm hinterher und allmählich sickert die Erkenntnis in mein Bewusstsein, dass ich nicht oder nicht nur dieser eigenartigen Begegnung wegen zittere. Es ist meine noch immer feuchte Kleidung, die in mir ein Frösteln hervorruft; die Gänsehaut könnte allerdings auch auf Samuel zurückzuführen sein. Verlegen zupfe ich den Stoff meines Hosenanzugs wieder zurecht und streiche mir eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht.
Nur mit Mühe unterdrücke ich meine Neugierde. Zu gerne würde ich wissen, was sich hinter diesem Vorhang befindet, doch Samuel zu folgen kommt nicht in Frage. Ich werde vermutlich mehr erreichen, wenn ich nicht großartig auffalle. Also versuche ich, meine Gedanken auf das zu richten, was nun vor mir liegt.
Es gelingt mir nicht. Immer wieder schweife ich ab und denke darüber nach, was der junge Schwarzdorn wohl hinter diesen Mauern treiben könnte. Vielleicht ist der Raum deshalb von den anderen abgegrenzt, weil dort heimlich irgendwelche finsteren Rituale durchgeführt werden?
Himmelherrgott nochmal, Monica! Reiß dich zusammen! So ein Unfug!
Wie ich es auch drehe und wende: die Burg und ihre Bewohner beflügeln meine Vorstellungskraft in einem ungeahnten Ausmaß.
Beruhig dich, beruhig dich, beruhig dich, sage ich mir immer wieder.
Du kannst es dir nicht leisten, dass deine Fantasie heute Abend mit dir durchgeht! Du musst seriös wirken!
Völlig in ein stummes Gespräch mit mir selbst vertieft, steuere ich auf den Buffettisch zu...
Schon der Blick auf die dargebotenen Leckereien genügt, um mich etwas abzulenken. Während ich esse und mich aufwärme, finde ich allmählich zu meinem inneren Gleichgewicht zurück, was es mir leichter macht, meine Neugier im Zaum zu halten.
Während ich auf mein erstes Lachshäppchen noch genüsslich ein zweites folgen lasse, sehe ich mich um und entdecke Christiane und Richard Schwarzdorn, die in einer eher Ecke des Raumes abseits der Gäste stehen und sich miteinander unterhalten. Der Kamin ist nicht weit entfernt und so beschließe ich, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Um mich aufzuwärmen, stelle ich mich direkt vor das prasselnde Kaminfeuer und es dauert nicht lange, bis die Wärme sich wie eine Decke über meine kalte Haut legt. Zugleich lausche ich angestrengt und versuche so den ein oder anderen Gesprächsfetzen aufzuschnappen. Allerdings reden die Gäste so laut und die Schwarzdorns so leise, dass ich - zu meinem Kummer -, rein gar nichts verstehen kann.
Allmählich kehrt etwas Gefühl in meine vor Kälte tauben Fingerspitzen zurück. Wärme dringt in jede Pore, in jeden Winkel meines Körpers. Sie erfasst zunächst meine Füße, schließlich auch meine Beine und wandert langsam bis zu meinem Bauch. Ich schließe die Augen, nehme den leicht rauchigen Geruch des Feuers in mich auf und höre das leise Knistern der Holzscheite.
Noch einmal erinnere ich mich an meine Heimat, die Mittelmeerküste, und ahne in diesem Moment, weshalb ich das milde Klima gegen Nässe und Kälte eingetauscht habe. Es ist dieses Gefühl, das mich jedes Mal überkommt, wenn ich mich nach einem stürmischen Tag in meine eigenen vier Wände zurückziehe, dort ein Feuer im Kamin entfache und den Geruch des Waldes auf diese Weise noch in meinem Wohnzimmer riechen kann.
Als Kind war es mein größter Traum, Schriftstellerin zu werden. Andere Mädchen wünschten sich Ponys, ich eine Schreibmaschine. Während eines Winterurlaubs auf der deutschen Seite der Alpen, lag der Schnee so hoch vor der Tür unserer Almhütte, dass man keinen Schritt hinauswagen konnte. Und als draußen Schneestürme tobten, brachte ich drinnen zum ersten Mal meine Geschichten zu Papier. Es war einfach wunderschön. Immer wieder habe ich mir vorgenommen, zurückzukehren und vor einer Weile habe ich diesen Entschluss endlich in die Tat umgesetzt. Hier gibt es so viele geheimnisumwobene Orte, so viele Sagen und Legenden, die noch darauf warten, erforscht zu werden...
Nun lebe und arbeite ich also in Deutschland. Und obgleich Frankfurt mit den Alpen in etwa so viel zu tun hat, wie München mit der Ostsee, verspüre ich an eisig kalten Tagen vor dem Kamin noch immer dieselbe Geborgenheit, dasselbe beruhigende Glücksgefühl, wie damals, als ich ein kleines Mädchen war. Natürlich habe ich manchmal Sehnsucht nach meiner Heimat, auch wegen des mäßigen Klimas des Mittelmeeres. Doch dann denke ich daran, dass ich dort keinen Kamin hätte, in dem es knistern und knacken würde, und nicht die richtige Kälte, um ihn wirklich zu benötigen.
Ich vergesse die Zeit, starre gedankenverloren ins Feuer und blende alle Geräusche um mich herum aus. Erst, als ich einen Luftzug spüre, blinzle ich und werde mir darüber bewusst, wo ich mich eigentlich befinde. Peinlich berührt davon, dass ich mich in der Gegenwart so vieler Leute ganz meinen Gedanken hingegeben habe, streiche ich meine inzwischen getrocknete Kleidung glatt.
Just in diesem Moment erklingt hinter mir ein leiser Akkord in D-Moll, schwer und wehmütig, und die nachfolgenden Töne offenbaren den ganzen Zauber der melancholischen Symphonie.
Ich drehe mich herum und erblicke den Herrn des Hauses, dessen Finger dem schwarzen Flügel diese wunderschöne Melodie entlocken.
Richard Schwarzdorn ist der reichste Mann Greiffensteins, was ihn zu einer guten Partie macht; doch das ist nicht der Grund für die Gänsehaut, die meine Arme überzieht, sondern das Lied, mit dem er die Veranstaltung eröffnet.
Ich beschließe, ihn zu einem späteren Zeitpunkt in eine Unterhaltung zu verwickeln, auch wenn mir noch nicht ganz klar ist, wie ich das bewerkstelligen soll. Am liebsten würde ich in Abwesenheit seiner Frau mit ihm sprechen, doch sie tritt gerade in diesem Moment an ihren Mann heran und lauscht seiner Musik. Ihre Miene verrät nichts darüber, was die Melodie in ihr auslöst.
Dies scheint mir für beide - Baronin und Baron - regelrecht typisch zu sein. Immer um Haltung bemüht wirken sie zwar nicht unsympathisch, aber distanziert und unnahbar.
Da ich keine Möglichkeit sehe, bereits jetzt mit Christiane oder Richard Schwarzdorn zu sprechen, wende ich mich noch einmal dem Buffet zu. Der Duft der beiden Truthähne lässt mir schon das Wasser im Munde zusammenlaufen, wohingegen Herbstsalat und Cookies versprechen, eine leckere Vor- und Nachspeise zu werden. Ich wähle von allem etwas aus und suche mir einen ruhigen Ort in der Nähe des Kamins.
Während ich esse, lausche ich den Klängen des nächsten Klavierstücks und beobachte Christiane Schwarzdorn, die sich zur Bar begeben hat. Sie gibt sich als perfekte Gastgeberin und mischt für die anwesenden Herren - ich traue meinen Augen nicht -, eine große Runde Schnäpse. Kaum zu glauben, dass sie sich zu solchen Arbeiten selbst herablässt. Ich hätte ihr das nicht zugetraut.
Aus verschiedenen Quellen weiß ich jedoch, dass die Baronin über die unterschiedlichsten Fähigkeiten verfügt (darunter auch solche, die eher ungewöhnlich anmuten). Einen Großteil davon hat sie sich autodidaktisch angeeignet, wird erzählt.
Gerade, als ich überlege, ob ich mich nicht an die Bar setzen sollte, um mit Christiane ins Gespräch zu kommen, beendet Richard sein Musikstück und erhebt sich. Binnen eines Herzschlags fälle ich meine Entscheidung und stürze auf ihn zu.
Er bleibt augenblicklich stehen und ich glaube, Überraschung in seinem Gesicht zu erkennen. »Vielen Dank für die Einladung!«, platzt es aus mir heraus und ich fühle mich nicht nur von mir selbst überrumpelt, sondern noch dazu peinlich berührt. Vermutlich hat irgendeine Sekretärin die Einladungsschreiben verschickt und er hat keine Ahnung, wer ich überhaupt bin.
Förmlich nickt er mir zu und erwartet offenkundig, dass ich ihm erkläre, wer ich bin. »Ich komme vom Greiffensteiner Wochenblatt«, erzähle ich aufgeregt und meine Stimme überschlägt sich fast. »Ich schreibe einen Artikel über Ihre Wohltätigkeitsveranstaltung als jährliches Highlight und ich würde gerne einen Teil ihrer Familie und diesem fantastischen Anwesen widmen.«
Er hebt eine Braue und scheint zu überlegen; genau wie ich, denn mir fallen die Narben in seinem Gesicht auf. Woher sie wohl stammen?
»Ich kann mich erinnern, dass Ihre Zeitung deshalb schon vor einigen Jahren anfragte. Damals erschien ein kleiner Artikel, der, wenn ich offen sein darf, äußerst dürftig recherchiert war. Soweit ich weiß, wurde dem Mitarbeiter kurz nach der Veröffentlichung seines Textes gekündigt. Ich habe Ihren Namen nicht verstanden, Frau...?«
»Di Valpecca«, antworte ich schnell und schlucke schwer. »Monica di Valpecca.«
Das klingt überhaupt nicht gut! »Nun, ich vermute, dass... dass...«
»Sie haben Recht. Er wurde vermutlich nicht grundlos entlassen... Ich würde das Thema gerne mit Ihnen diskutieren, doch ich fürchte, der heutige Abend ist dafür der falsche Zeitpunkt. Wenn Sie einen Bericht verfassen wollen, können Sie sich frei im öffentlich zugänglichen Teil der Burg bewegen. Sollten Sie darauf bestehen, dann stehen meine Frau und ich Ihnen auch zu einem Interview zur Verfügung, solange Sie sich vorher anmelden und detailliert darlegen, worum es in Ihrem Text gehen soll.«
»Heute sollte der wohltätige Zweck im Mittelpunkt Ihres Interesses stehen«, lässt er verlauten und ich nicke sofort.
»Natürlich.... Natürlich, soll er das...«
Ich hatte gehofft, ihn schnell überzeugen zu können, sich auf ein Gespräch mit mir einzulassen, doch mittlerweile ist mir klar, dass das nicht einfach werden wird. Ich gestehe mir ein, dass ich wohl keine wichtigen oder sensationellen Informationen aus ihm herausbekommen werde. Wahrscheinlich bringe ich mehr in Erfahrung, wenn ich auf eigene Faust die Burg erkunde. Er wird mich kaum den ganzen Abend über im Auge behalten können, irgendwann wird er sich schließlich seinen anderen Gästen zuwenden müssen!
»Gibt es ein Problem?«
Ich zucke zusammen und blicke in das Gesicht der Baronin. Wie immer lässt sie sich keine Gefühlsregung anmerken, aber ich verkrampfe mich dennoch, weil ich instinktiv spüre, dass ich nicht willkommen bin.
»Nein, es ist alles in Ordnung«, antwortet der Baron seiner Frau entschieden, nickt mir kurz zu und mischt sich unter die Gäste, sodass ich mit der Baronin alleine zurückbleibe.
Ich räuspere mich und schüttle ein Kompliment aus dem Ärmel, um sie für mich einzunehmen. »Diese kleinen Olivenhäppchen sind vorzüglich.« Ich kann ihren Blick nicht deuten, was mich nervös macht. »Sie haben sich wirklich große Mühe gegeben mit dieser Veranstaltung. Alleine das Buffet...«, beginne ich zu schwärmen.
»Natürlich«, bemerkt sie kühl. »Bei uns soll jeder sich wohlfühlen. Sie nehmen zum ersten Mal an unserer Wohltätigkeitsveranstaltung teil?« Sie hebt nur leicht ihre Stimme und zunächst realisiere ich nicht, dass sie mir eine Frage gestellt und nicht etwa eine Feststellung geäußert hat.
»Richtig«, räume ich sofort ein. »Ich arbeite erst seit wenigen Monaten beim Greiffensteiner Wochenblatt.«
»Ich verstehe«, entgegnet sie ruhig und ich suche fieberhaft nach einem Thema, mit dessen Hilfe ich sie in eine unverfängliche Unterhaltung verwickeln kann, damit sie sich mir gegenüber öffnet.
»Schade, dass heute kein besseres Wetter ist«, sage ich daher seufzend und versuche ein wenig enttäuscht zu klingen. »Ich habe gehört, dass Sie ihre jährliche Wohltätigkeitsveranstaltung letztes Jahr sogar im Innenhof und den Gärten stattfinden lassen konnten.«
»Der vergangene Herbst war äußerst mild«, entgegnete sie nickend. »Aber das Wetter können wir leider nicht ändern, nicht wahr? Dafür benötigt es wohl Zauberei und die gibt es, wie Sie sicher wissen, bedauerlicherweise nur im Märchen.«
Sie lächelt, und aus irgendeinem Grund jagt mir genau dieser Umstand einen eiskalten Schauer über den Rücken.
Zwischen uns entsteht eine unangenehme Stille und ich werde nervöser, je länger sie mich ansieht.
»Wissen Sie«, sagt sie leise, aber deutlich, »Sie können in ihrer Zeitung gerne über den heutigen Abend berichten. Damit erweisen Sie uns sogar einen Gefallen, denn wir sind froh, wenn unser soziales Engagement publik wird und auch andere Menschen dazu verleitet, sich uns anzuschließen. Es gibt heutzutage viel zu Wenige, die noch wirklich helfen und etwas bewegen wollen. Was weitere Gespräche angeht...«
Ich horche auf.
Mist, ich habe meinen Terminkalender zu Hause liegen lassen, schießt es mir durch den Kopf.
Was, wenn sie mir jetzt ein Datum nennt und ich bin so schusselig und vergesse es, weil ich es nicht direkt aufschreiben kann?
»... muss ich Ihnen mitteilen, dass wir an keinen weiteren Geschichten über uns interessiert sind. Darüber hinaus fehlt uns die Zeit für persönliche Interviews und ich möchte Sie eindringlich darum bitten, dass Sie akzeptieren, dass dies auch für unsere Kinder gilt.«
»Ich... ich verstehe«, entgegne ich tonlos. Offenbar ist mir heute wirklich kein Glück beschieden!
Die Baronin nickt kurz, wünscht mir noch einen schönen Abend und lässt mich einfach stehen.
Ich beschließe, das Beste aus meiner aktuellen Lage zu machen. Wenn die Schwarzdorns nicht mit mir reden wollen, dann werde ich mir meine Informationen eben auf andere Weise beschaffen! Allerdings benötige ich dafür einen Plan B...
Ziellos bewege ich mich durch den Raum und registriere, dass von Daphne, Dante oder Samuel nichts zu sehen ist. Offenbar interessieren sie sich nicht für die gemeinnützigen Aktivitäten ihrer Eltern.
Schade... Sehr schade... Vielleicht hätte einer von ihnen mit mir gesprochen.
Ich streife durch die Burg, betrachte alte Portraits und Wandteppiche, bis mein Blick auf eine Tür mit der Aufschrift »Privat« fällt. Natürlich versuche ich sofort, sie zu öffnen, aber ich habe keine Chance, da sie verschlossen ist. Die nächste Tür gibt allerdings nach und zu meinem Erstaunen finde ich mich nicht in einem Raum mit einem behaglichen Kaminfeuer wieder, sondern auf einem Balkon.
Ich will schon wieder kehrt machen, als ich mich entscheide, dennoch zu bleiben. Es hat mittlerweile aufgehört zu regnen, sodass ich nicht Gefahr laufe, mir heute Nacht doch noch den Tod zu holen, weil ich stundenlang im Regen stehe. Aber hier bin ich ungestört und kann mir in aller Ruhe meine nächsten Schritte überlegen.
Ich habe von Anfang an damit gerechnet, dass ich auf Schwierigkeiten stoßen würde und trotzdem habe ich mir die ganze Sache sehr viel einfacher vorstellt. Die selbstgefällige Ignoranz der Baronin und das eiserne Schweigen des Barons habe ich nicht einkalkuliert...
Mein Boss wird alles andere als zufrieden mit mir sein... An die Konsequenzen seiner Wut will ich gar nicht denken! Mir muss dringend eine Alternative zu meinem bisherigen Vorgehen einfallen...
Während ich intensiv nach einer Lösung für mein Dilemma suche, bemerke ich nur am Rande die fantastische Aussicht, die mich unter normalen Umständen sicher zu Begeisterungsstürmen hingerissen hätte. Vom Balkon aus hat man nicht nur einen herrlichen Blick auf den See, sondern kann auch die gesamte Altstadt überblicken.
Das ist bestimmt nützlich...
Ich schrecke hoch, weil ich Schritte zu hören glaube, doch als ich mich auf das Geräusch konzentriere, vernehme ich rein gar nichts. Es ist absolut still. Zu still. Gefährlich still! Alles, was an mein Ohr dringt, ist das Rascheln von Laub, das sich im Takt des Windes wiegt.
Obwohl ich offenkundig vollkommen alleine bin, ergreift Anspannung von meinem Körper Besitz. Ich fühle mich zunehmend, als stünde mein gesamter Körper unter Strom, und ich weiß einfach nicht, weshalb. Als selbst meine Nackenhaare sich aufrichten und mein Herz schneller zu schlagen beginnt, ahne ich, dass irgendetwas nicht stimmt. Hier geht etwas vor sich, etwas Seltsames, etwas, das-
»Kann ich Ihnen helfen?«
Entsetzt wirble ich herum und starre direkt in die Augen eines jungen Mannes...
Dante Schwarzdorn!
»Sie... Sie... wollen Sie etwa, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?«
Für den Bruchteil einer Sekunde verändert sich seine Mimik. Aus dem harten, unnachgiebigen Zug um seine Lippen entwickelt sich etwas, das man mit viel Fantasie für ein Lächeln halten könnte.
Er kommt näher und für jeden Schritt, den er auf mich zu macht, weiche ich einen zurück; solange, bis ich den kalten Stein der Balustrade in meinem Rücken spüre. Mittlerweile klopft mein Herz so laut, dass er es zweifellos hören muss.
»Soll ich das als Kompliment sehen, oder sind Sie so schreckhaft?«, fragt er und seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen, als ich zu einer Erklärung ansetze. »Was tun sie hier? Fernab der Veranstaltung?«
»Aber...«, ich winke ab und bemühe mich um ein argloses Lächeln, »die ist doch-«
»Hinter der Tür, ja. Das weiß ich. Und ich weiß auch, dass mein Vater Ihnen gestattet hat, sich im öffentlich zugänglichen Teil der Burg umzusehen. Dass dieser Ort hier nicht dazugehört, dürfte Ihnen klar sein, denn lesen können Sie ja wohl als Journalistin, oder etwa nicht?«
Ich schnappe nach Luft.
»Dann sollte Ihnen das Verbotsschild aufgefallen sein.«
Ich schlucke und komme mir vor, wie eine von einer Katze in die Enge getriebene Maus. Wieso fällt mir ausgerechnet jetzt keine Erklärung für mein Verhalten ein oder wenigstens ein lockerer Spruch, der mich aus dieser misslichen Lage befreit? Ich bin doch sonst nie um eine Lüge verlegen!
Ich habe Angst, trifft mich die Erkenntnis wie ein Hammerschlag.
Ich fürchte mich. Aber wovor? Er wird mich ja wohl kaum über die Brüstung schubsen! Wie ein Raubtier, das um seine Beute herumschleicht, geht er vor mir auf und ab und lässt mich nicht eine einzige Sekunde aus den Augen - und plötzlich verändert sich etwas. Zunächst nehme ich die Bewegungen nur aus dem Augenwinkel wahr, doch dann ist es nicht mehr zu übersehen: Es hat zu schneien begonnen!
Und das Ende Oktober... Der erste Schnee kommt wirklich immer früher, denke ich verwirrt und auch Dante scheint sich zu wundern. Er lässt von mir ab, tritt an das Steingeländer heran und betrachtet mit zusammengekniffenen Augen Greiffenstein und die angrenzenden Wälder.
Dann macht er plötzlich auf dem Absatz kehrt und rennt zurück in den Saal. Als ich mich vorsichtig auf eines der Fenster zubewege, kann ich durch das dicke Glas hindurch erkennen, dass er wild gestikulierend mit seinen Eltern spricht.
Es dauert nicht lange und schon eilen sie an mir vorbei. »Das kann nicht sein!«, zetert Christiane, während Richard ausgesprochen zornig wirkt und mich nicht wahrzunehmen scheint. »Das darf doch einfach nicht... Richard! Sag doch! Das kann nicht sein!«
»Du siehst doch auch nichts anderes, als ich auch!«, verliert er für einen kurzen Augenblick die Nerven, aber er hat sich nur Sekunden später schon wieder vollkommen unter Kontrolle.
Die Baronin deutet mit ihren schmalen Fingern in die Luft. Es schneit immer stärker und mittlerweile bleibt die weiße Pracht sogar liegen. Die Temperatur muss schlagartig gefallen sein... Eine andere Erklärung gibt es dafür nicht. Als ich heute Abend das Haus verlassen habe, war es zwar kalt, aber mit etwa 10° viel zu warm für Schnee!
»Ich muss telefonieren«, vernehme ich die Richard, der mich unglücklicherweise im gleichen Augenblick entdeckt.
»Sie? Was machen Sie noch hier?« Ich kann die unterdrückte Wut in seiner Stimme hören. »Gehen Sie rein, bevor Sie sich den Tod holen! Los!«
Natürlich ist mir klar, dass seine Sorge keineswegs meiner Gesundheit gilt. Ich bin ihm offenbar im Weg und soll nicht mit anhören, was er mit seiner Frau und am Telefon zu besprechen hat. Das spüre ich instinktiv, schließlich ist es mein Job, auf die kleinsten Unstimmigkeiten und Gefühlsregungen aufmerksam zu werden und dort zu graben, wo andere mich verscheuchen wollen.
Trotzdem füge ich mich augenscheinlich und gehe nach drinnen. Allerdings plane ich nicht, dort zu bleiben! Schnell eile ich den Flur entlang und finde eine weitere Tür, die mich wieder auf den Balkon hinausführt.
So leise, wie ich nur kann, schleiche ich zurück in Richtung der Schwarzdorns, doch als ich die Stelle erreiche, die ich gerade eben verlassen habe, ist niemand mehr dort.
Haben sie mich durchschaut?
Schweren Herzens beschließe ich, mich für heute zurückzuziehen. Wenn ich die Schwarzdorns noch mehr gegen mich aufbringe, werde ich niemals eine Chance auf ein Interview bekommen.
Ich verlasse die Burg durch eines der großen Portale, trete hinaus auf den Hof und atme tief ein. Obwohl es mittlerweile bitterkalt ist, fühle ich mich viel wohler als vorhin. Ich liebe Schnee! Alles sieht so friedlich aus... Selbst die Wasserspeier auf den Mauervorsprüngen oder die Ruine.
Die Ruine? Beinahe automatisch biege ich durch den steinernen Torbogen ab.
Ich werde sie mir nur ein wenig näher ansehen und dann, dann werde ich gehen. Ganz bestimmt.
Der Schnee ist vollkommen unberührt, was mich darauf schließen lässt, dass vor mir noch niemand hier war. Ich schaue mich um, erkenne viele Säulen, Torbögen und Statuen - und halte plötzlich erstaunt inne.
Ich hätte nicht damit gerechnet, hier auf einen so schönen Ort zu stoßen. Inmitten all dieser gruseligen Wasserspeier, erscheint mir dieser wunderbare kleine Rückzugsort fast wie ein gutes Omen! Ich bin auf dem richtigen Weg! Begeistert komme ich näher und bemerke auf meinem Weg die dicke Steinmauer, die zunehmend bröckeliger und bröseliger wirkt. Ob das hier wohl ein alter Garten ist und die Mauer ein Überrest des Nordflügels?
Ich gehe um sie herum und erstarre schlagartig.
Leise, obwohl niemand außer mir hier ist, trete ich an den Sarkophag heran und entziffere mit Mühe die Steininschrift: Gregorius Normano & Mathilda Aurelia Schwarzdorn, 1356- Der Rest ist so verwittert, dass unlesbar ist, fast so, als hätte man das Todesdatum mutwillig ausgekratzt.
Ich entdecke noch mehr Grabsteine von verblichenen Familienmitgliedern und mit jeder Jahreszahl, die ich bemerke, werde ich aufgeregter. Offenbar habe ich den Familienfriedhof ausfindig gemacht und es scheint fast so, als würde die Geschichte der Schwarzdorns bis weit in das Hochmittelalter zurückreichen.
Die Familie ist so viel älter, als ich dachte... Nie hätte ich damit gerechnet, dass mich ihre Familiengeschichte so faszinieren würde, aber meine Neugierde ist geweckt...
Trotz der Freude, die mich überkommt, als ich realisiere, dass ich nun doch noch etwas herausgefunden habe, was bisher nicht bekannt gewesen sein dürfte und meinen Chef daher zufrieden stellen könnte, verspüre ich wieder diese Anspannung, die ich auch auf dem Balkon gefühlt habe. Das ist der Grund, aus dem ich beschließe, der Burg für den Moment den Rücken zu kehren - aber sobald ich sichergehen kann, dass niemand zu Hause ist, werde ich wiederkommen. Obwohl ich heute Abend Seltsames erleben musste, erkenne ich den Weg, der nun vor mir liegt, nicht als Last, sondern als Herausforderung. Ich werde die Geheimnisse der Schwarzdorns schon noch lüften!
Ich drehe mich herum, bemerke einen Schatten, eine Silhouette vor mir und stoße einen panischen, spitzen Schrei aus, bevor ich überhaupt realisiere, worum es sich handelt.
Mit klopfendem Herzen nähere ich mich der Statue, die mir einen so gewaltigen Schrecken eingejagt hat. Es ist zu dunkel, als dass ich Details erkennen könnte, aber sie scheint mich anzugrinsen, mich zu verspotten, mich zu verhöhnen!
Ich beginne zu laufen - erst langsam, dann immer schneller -, bevor die Schwarzdorns herausfinden, dass ich es war, die in die Ruhestätte ihrer Ahnen eingedrungen ist...
----------------------
Nun noch zu deinem Kommi, Inkognito. Dankeee für den langen, schönen Kommentar *-*
Ich mag den Club auch total. Ich hatte da so ein Bild im Kopf und dann hat sich herausgestellt, dass wir ein ähnliches Bild haben und Bloody hat es dann so schön gebaut, ich liebe den Club :3 er ist genauso, wie er sein sollte
Freut mich auch total, dass dir Sophie gefällt :3 danke! hihi
Oh Ernst hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen xDDD
Hihi danke @Frauen xD ich mag deine erstellten Männer aber auch total :3
Bei den Rehen guck ich noch na, ich glaube, es war der Zoo, aber ich muss nochmal gucken, ich bin grad bei Bloody, deswegen ist das etwas schwer grad nachzusehen xD
Danke auch für deinen Kommentar über unseren Schreibstil. Vielen Dank, das hilft uns sehr :3
Und die Bilder sind auch einfach so überwältigend. Tendenziell bin ich eher jemand, der am Text klebt und über die Bilder nur kurz drüberguckt, aber bei euch glotze ich mich an den Fotos regelmäßig fest
awwww danke :3333 lieb von dir :3
ah und nun...
Happy Halloween :3
