Also, zunächst einmal hierzu:
In der o.g. Reportage wurden auch die Ergebnisse nach den OPs einiger Transgender gezeigt. Hier im Thread wurde ja so schön darüber gelacht, weil manche, mich eingeschlossen, gesagt haben, dass sie Transgender am Äußeren erkennen. Dabei wird aber ganz stumpf vergessen, dass das Äußere nicht nur aus dem Gesicht besteht. Eine Frau wird immer wie ein Frau aussehen, ein Mann wie ein Mann, auch wenn man etwas unten- oder obenherum abschneidet oder anmodelliert. Das fängt schon beim Skelett an, das bei Frauen und Männern unterschiedlich ist. Eine Frau wird immer ihr breites Becken und schmalere Schultern behalten, auch wenn sie sich ihre Brüste amputieren und einen Penis modellieren lässt. Wie das dann nach einer OP aussieht, habe ich in der Reportage, wie gesagt, gesehen. Natürlich ist etwas anderes. Man sieht, dass der Mann vorher eine Frau gewesen ist. Es ist nichts halbes und nichts ganzes, was dabei herauskommt, sondern in meinen Augen nur ein Provisorium.
(entschuldigt den langen Zitatblock, aber ich will nichts aus dem Zusammenhang reißen)
Ich glaube,
so gegensätzlich sind die Meinungen da gar nicht unbedingt. Du schickst ein prophylaktisches "Meinung, die sich auch nicht ändern wird, egal, was andere hier schreiben" vorneweg, aber ich zum Beispiel kann - obwohl ich hier für einige wohl zur Gänseblümchen-Fraktion gehöre

- Deine gespaltenen Gefühle durchaus verstehen.
Ein "nachgebauter" Busen zum Beispiel mag recht gut gelungen sein, aber
ist etwas anderes als ein natürlich gewachsener - für die primären Geschlechtsteile gilt das erst recht. Und auch wenn ich das mit dem Körperbau nicht so streng sehe (es gibt durchaus sehr maskulin gebaute Frauen und weiblichere Männer), ist es doch so, dass ja der Wunsch nach Geschlechtsanpassung nicht immer ausgerechnet bei denen kommt, die optisch ohnehin schon sehr nah am anderen Geschlecht sind - da sieht dann u. U. wirklich der ganze Körper eben nach wie vor nicht so ganz weiblich/männlich aus, je nachdem.
Wie die Fotos eindrucksvoll bewiesen haben, gibt es da eine ordentliche Bandbreite, aber grundsätzlich würde ich sogar auch sagen: Ja, so eine Operation
ist ein Provisorium, ein Behelf.
Und ich kann auch verstehen, wenn jemand auf dem Standpunkt steht, ehe man als Mensch versucht, die Natur umzubauen, sollte man das Problem erst als mentales Problem sehen und zu lösen versuchen, ehe man munter drauflos operiert. Allerdings tut man genau das ja auch, und man könnte auch einwenden, dass eben nicht nur der Körper gegebene Natur ist, sondern auch der Geist. Es ist ja nicht so, dass alle Transsexuellen irgendwie "künstlich" traumatisiert wurden, so dass der Wunsch nur Symptom eines tiefergehenden psychischen Problems ist, oder? Soweit ich das verstanden habe, ist das einfach so ein ganz tiefes Gefühl, über das sich die Leute irgendwann klar werden. So wie ein Anderer vielleicht irgendwann merkt, dass er auf Personen dieses oder jenes Geschlechts steht. Das wurde ja auch schon als Krankheit betrachtet (und wird es teils noch).
Und dann sehe ich's pragmatisch: Wenn es nun mal so ist und andere Wege nicht zum Ziel führen, dann lieber ein Provisorium, das die Leute glücklicher macht. Besser als Gehirnwäsche oder am langen Arm verhungern lassen scheint es mir alle Male, auch wenn man sich vielleicht mal am Kopf kratzt.
Bei Aidualas Sohn wäre auch so ein Fall, wo ich sage: Der Königsweg wäre eigentlich, dass er seine Komplexe wegen dieses kleinen Makels (den Andere womöglich nicht mal wahrnehmen) überwindet und lernt, sich so zu akzeptieren, wie er ist. Nun hat es aber damit nicht geklappt, und die Chirurgie ist mittlerweile so weit... und mit dieser "Behelfslösung" ist er offensichtlich zufrieden, also was soll's? Dann hat es eben auf dem Weg geklappt.
Das finde ich immer noch besser als Leute, die sich sagen "Ach, warum auf meine Ernährung achten? Wenn's zu viel wird, lasse ich einfach mal Fett absaugen, und dann geht's weiter". Also, die Chirurgie ständig heranzuziehen, um andere Probleme zu verdrängen, das kann ich auch nicht gutheißen (das
geht auch auf lange Sicht nicht gut, glaube ich). Aber wenn es in
einem besonderen Fall eben hilft...
Wo ich so eine OP bzw. - in diesem Fall sogenannte geschlechtsangleichende - Behandlungen absolut verstehen kann und befürworte, ist bei Menschen, die als Zwitter oder mit nicht eindeutig identifizierbaren äußeren Geschlechtsmerkmalen zur Welt gekommen und jahrelang auch von den Eltern für das falsche Geschlecht gehalten und erzogen worden sind.
Hm, an der Stelle muss man differenzieren, finde ich. Ich finde es generell bedenklich, einem als Zwitter geborenen Kind einfach so ein Geschlecht aufs Auge zu drücken, so weit volle Zustimmung. Aber gerade drum wäre ich eher dafür, mich mit Operationen da mal
ganz zurückzuhalten. Jedenfalls so lange, bis die betroffene Person selbst eine Entscheidung treffen kann - erstens, ob sie sich
überhaupt an ein Geschlecht angleichen möchte, und zweitens, ggf. an welches.
Natürlich ist es in der Praxis oft schwierig, weil unsere Gesellschaft nun mal so radikal schwarz/weiß auf Männlein ODER Weiblein ausgerichtet ist, und dazwischen gibt es nichts. Was schreibt man da in Formulare, oder - siehe Leichtathletik - wo macht jemand mit? Auf welche Toilette geht man?
Aber einen Menschen nun deshalb in ein Geschlecht hineinzudrängen, wenn dieser Mensch sich vielleicht fragt "Warum eigentlich das Theater, warum könnt Ihr mich nicht einfach akzeptieren, wie ich bin?", das fände ich auch nicht richtig.
Also, wenn jemand es sich unbedingt wünscht und es wirklich keinen anderen Weg gibt, dann bin ich in beiden Fällen dafür, auch wenn ich es vielleicht nicht nachvollziehen kann. Einerseits finde ich es gut und wichtig, dass man Menschen auch mal vor unüberlegten Handlungen mit sehr großer Tragweite schützt und sie nicht mal eben so machen lässt, aber wenn sich dann herausstellt, dass wirklich nur dieser Weg bleibt, dann sollte das Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen Vorrang vor den Vorstellungen Anderer haben, finde ich.