Hi Fannylena,
ihr habt doch die allerbesten Voraussetzungen für eine tolle Grossfamilie, in der sich jeder um jeden kümmert.
Ja, das stimmt, genau das sind wir. Großfamilie find ich jetzt nicht. Wir sind ein Drei-Generationen-Haushalt.
Ich zog vor ca. 10 Jahren wieder zu meiner Mutter, nachdem es ihr nach einer OP nicht mehr so gut ging.
Ich bin vor 13 Jahren wieder hier eingezogen. Damals noch zusammen mit meinem LGF und meiner damals 12-jährigen Tochter. Mutti hat ja alleine gewohnt und war noch berufstätig und da wurde sie auch mal ganz heftig krank. Eine Virusgrippe wo sie noch eine schöne Kehlkopfentzündung obendrauf gekriegt hatte. Ich bin dann 2 Wochen jeden Tag hergefahren und hab sie wieder aufgepäppelt.
Da wurde mir klar, das es besser wäre wenn ich wieder hier wohne. Da wir in einer kleinen Stadtwohnung ohne Garten gewohnt hatten, waren wir eh jedes Wochenende im Sommer hier. Also sind wir eingezogen und da blühte Mutti wieder auf. Wir haben hier ein Einfamilienhaus mit nem Riesengarten, was eh viel zu groß war, für Mutti alleine. Mit 19 zog meine Tochter dann aus. Und mein LGF ist vor knapp 2 Jahren gestorben. Ein paar Monate später kam Omilein.
Nun weiss ich, das sich jeder erst einmal an den "neuen" Zustand des Alt werdens gewöhnen muss.
Der, der die Hilfe gibt wie genauso wie der die Hilfe benötigt. Es ist schwer, zu sehen das ein lieber Mensch schwach wird und dem Ende entgegen geht. Es ist auch schwer, nicht in den Gedanken zu fallen, das man sich nach einem Leben mit Kinder gross kriegen und lange Arbeiten jetzt auch noch um die Eltern kümmern muss (bloss weil die nicht ins Heim wollen)
Meine Meinung zum Heim hab ich geändert, als mein LGF Anfang 2022 in ein solches musste, speziell für Demenz-Kranke.
Man sagt das immer so leicht: Ja, dann steck ich sie ins Heim und fertig. Aber so einfach ist das nicht. Mein LGF hatte eine Demenz (oder sowas ähnliches) entwickelt. Er hat innerhalb ein paar Monaten abgebaut. Dann ist er abgehauen, wir haben ihn stundenlang gesucht, bis er dann im KH auftauchte. Danach war er 6 Wochen lang in einer Psychiatrie und dank der tollen Pillen die er bekam ist er dann ein richtiger Pflegefall geworden und kam ins Heim. Da das Heim 30 km von hier weg war, konnte ich immer nur einmal die Woche dahin. Da saß er dann zwischen lauter teilnahmslosen Gestalten die einfach nur ins Leere starrten. Auf dem Tisch eine quäkende Furby-Katze.
Ein paar Wochen vorher haben wir noch zusammen auf der Couch gesessen, einen Film geschaut und uns ganz normal unterhalten. Und jetzt hockte er da in dem Heim und erzählt mir abenteuerliche Geschichten, die er in seiner Phantasie zusammengereimt hatte.
Am schlimmsten war der Abschied. Er hing natürlich an mir und hat sich immer gefreut wenn ich da war, umso schwerer war das. Ihn da zurückzulassen hat mir jedes mal das Herz zerrissen. Ich hab das dann hinterher so schnell wie möglich gemacht. Hab mich von ihm verabschiedet und bin dann einfach gegangen ohne mich nochmal umzudrehen sofort die Treppe runter, damit ich nicht noch auf den Aufzug warten musste und er mich die ganze Zeit da stehen sieht. Und trotzdem wusste ich, das er mir sehnsüchtig hinterherschaut.

Seitdem weiß ich, das ich meine Omi (auch meine Mutti) niemals in ein Heim stecken möchte. Wir müssen uns die Option trotzdem offen halten, wir wissen ja nicht was noch passiert. Noch kann ich mich auch alleine um Omi kümmern, da man sie auch ein paar wenige Stunden alleine lassen kann. Ich würde erst alle anderen Möglichkeiten ausprobieren, ehe ich jemanden ins Heim stecken würde. Omi wird das auch nicht wollen, aber wenn es nicht mehr anders geht....
Das muss man, meiner Meinung nach, erstmal akzeptieren. Für mich war es selbstverständlich, das ich mich so weit ich nur kann, um meine Mama kümmern werde. Mein "Glück" war, das ich Zeit hatte weil ich zu dieser Zeit Erwerbsunfähig wurde.
Tja, ich bin noch berufstätig. Irgendwo müssen die Brötchen ja herkommen.
Aber das Schwerste ist, zu akzeptieren, das man nicht mehr alles tun kann.
Da ist es egal, ob es wegen einer Krankheit ist und man seinen Beruf und vieles mehr aufgeben muss oder man "einfach nur" alt wird. Dann kann man unzufrieden und "nörgelig" werden -
Das verstehe ich auch, das das schwer ist. Aber das ist eine Sache die man den Betroffenen halt nicht abnehmen kann. Ich helfe wo ich kann, aber ich werde mich auch nicht wie ein "Dienstmädchen" behandeln lassen. Ich habe auch noch ein Leben und das werde ich nicht komplett aufopfern. Meine Mutti sieht es genauso und weist Omilein auch regelmässig in die Schranken, wenn sie merkt, das sie solche Allüren an den Tag legt.
zur Nerv-Oma (welch schlimmer Ausdruck).
Ja, so ist es leider. Im Moment zickt sie gern rum und nervt halt. Ich weiß das sie alt ist und das das wahrscheinlich ganz normal ist, und ich meine das ja auch nicht böse. Aber es ist, wie es ist. Und so schreibe ich das auch. Ich habe meine Omi trotzdem lieb.
Das schlimmste war, das in unseren beiden Köpfen Erholung gleich mit Urlaub assoziiert wurde. Sie wollte immer wieder,
das ich doch mal eine Woche wegfahren soll. Ich wusste, für sie wäre es der Horror, das sich jemand anderes um sie kümmert und ausserdem hatte ich Angst, das sie mal umkippt und dann stundenlang rumliegt.
Bei uns ist die Situation ein wenig anders. Mutti und ihr LGF fahren gelegentlich in die Wohnung ihres LGF. Die gibt es noch, weil Omi halt so Holterdipolter hier ankam. Muttis LGF ist nämlich auch ein Pflegefall, wenn auch ein leichter. Aber er kann nicht mehr alleine wohnen. Er ist jemand der ganz feste Strukturen braucht, und jemanden der dies überwacht. Er hat seine Aufgaben die er nach seinen Möglichkeiten erledigt. Wenn er allein zuhause wäre, würde er sofort in die alten Muster zurückfallen und dann ebenfalls ganz schnell in irgendnem Heim landen. Die beiden nutzen diese Wohnung halt so ein bisschen als Ferienwohnung.
Nächste Woche, hab ich gesagt, sollen die zwei für eine Woche dorthin fahren. Mutti braucht mal eine Omi-Pause. Ihre Nerven liegen blank und das ständige Aufeinanderhocken machts nicht besser. Die kommen halt aus dem Haus nicht raus. Und die Zündschnur meiner Mutti ist halt sehr kurz im Moment. Da reicht ein unüberlegter Kommentar von Omi und Mutti ist gleich wieder genervt.
Auch wollte ich anfänglich viel zu viel machen und dachte, wenn Mama Hilfe braucht, dann richtig.
Für sie als alten Putzfimmel war das grausam, mich Staub wischen zu sehen. Also hat sie jeden Tag ein Regal abgewischt und beim
Kochen zwei, drei Kartoffeln geschält. Und natürlich Socken und Hosen geflickt. Einfach gemacht, was noch ging.
Ich musste lernen, nicht zu denken das ich zu schlecht Staub wische und sie hatte nicht das Gefühl nutzlos zu sein.
Ja, leider kann meine Omi nix mehr. Sie sieht kaum noch was und hört kaum noch was. Laufen kann sie auch nicht mehr. Sie hat ihre Pedalen mit denen sie fleissig strampelt, damit ihre Beine in Bewegung bleiben. Sie rollert gelegentlich durchs Haus und bringt Teller oder Tassen zurück in die Küche. Bei schönem Wetter bringen wir sie in den Garten, machen ihr Musik laut an.
Sie könnte etwas tun, damit sie uns die Arbeit leichter macht, aber das tut sie wiederum nicht und das ist auch das was meine Mutti so aufregt. Sie weiß das genau und kann das auch. Aber sie tut es einfach nicht. Mutti sieht es so, das sie es mit Absicht macht bzw. nicht macht. Ich bin mir da nicht so sicher.
Und dann gab es eine "Zugehfrau". Eine in einem ehrenamtlichen Verein organisierte Hilfe, die einfach nur zum Schwätzen, Tee trinken oder Halma spielen kommt.
Das brauchen wir ja nicht. LGF und Mutti sind immer da. Ich komme ja auch ab und zu und quatsche mit Omi. Gelegentlich kommt meine Freundin zu Besuch, die auch die Pflegeberatung macht. Letztes Mal war sogar meine Schwester dabei, zu der wir nach 13 Jahren Funkstille endlich wieder Kontakt haben. Sowas freut Omi dann auch und sie zehrt tagelang davon. Aber das reicht ihr auch. Fremde Leute hat sie auch nicht gern um sich.
So hatte ich auch immer wieder ein bis drei Stunden für mich, in denen ich Freunde treffen und Ausspannen konnte.
Das ist schön und wichtig das du das machen konntest.
Das alles hat aber auch sicher zwei drei Jahre gedauert, bis es sich eingespielt hatte. Bis dahin gab es immer wieder Knatsch und
Gegrummel.
Ja, die Phasen hatten wir auch. Wie jetzt aktuell wieder. Das wird auch immer wieder kommen denke ich, aber wir werden das schon schaffen.
Ich schicke Mutti jetzt erstmal weg, das sie eine Pause hat und ihren Magen auskurieren kann. Ich komm mit Omilein schon klar. Sie kann ja ganz gut alleine bleiben für 2 - 3 Stunden. Da ich auch immer nur stundenweise arbeite, bin ich übern Tag ja öfter zuhause. Vielleicht braucht auch Omi mal eine Tochter-Pause. Bei mir benimmt sie sich nämlich oft ganz anders. Was Mutti dann wieder auf die Palme bringt.
Nachdem ich deine Beiträge gelesen habe, denke ich, das deine Oma mehr zu tun braucht und deine Mama das Gefühl ablegen muss, alles machen zu müssen. Ich schreibe das hier auch nur, weil ich wahnsinnig froh war, als mir jemand das so erklärte und nicht immer nur das übliche "Ach, das ist ja toll, das ihr euch helft" abgelassen hat. Ich möchte dich weder irgendwie belehren noch klugscheissen. Nur an meiner Erfahrung teinehmen lassen, in der Hoffnung, das Du etwas positives daraus ziehen kannst.
Wie oben schon geschrieben kann Omi leider nichts mehr tun und das was sie könnte, tut sie auch nicht.
Mutti arbeitet schon an sich und sagt jetzt öfter mal: Mir egal!! Zu den Dingen die sie nicht ändern kann und versucht sich nicht mehr darüber aufzuregen. Sie erledigt ihre Aufgaben, ich erledige meine Aufgaben, genau wie ihr LGF. Da reißt sie nichts an sich, oder so. Die Arbeit ist auch nicht das Problem. Das macht sie ja gern.
Ich danke Dir das du mir deine Geschichte erzählt hast. Das ist halt alles nicht so einfach und sich mit jemanden auszutauschen dem es ähnlich ging, tut da schon gut.
Ich durfte meiner Mama am 29.01.24 die Hand halten als ihr grosses Herz zum letzten Mal schlug. Fünf Tage nach ihrem 92ten Geburtstag.
Das ist sehr schön, das sie nicht alleine war.
Ich war damals auch bei LGF als er seinen letzten Atemzug tat.

Meine Omi ist jetzt 95. Meine Mutti 72.
Mein LGF ist am 1.7.22 friedlich zuhause im Beisein seiner Familie und mir eingeschlafen. Er war nur 5 Monate in dem Heim.